Interview mit Fachbereichsleiter Walter Adelfang: "Mit Leib und Seele Beamter"
Der langjährige Leiter des Fachbereichs Soziales, Senioren und Altenheime räumt seinen Schreibtisch.
Krefeld. Von Natur aus ist Walter Adelfang kein Sammler. Im Laufe seines langen Berufslebens haben sich dennoch unzählige Zweitakten, Notizen und Berichte zur schnelleren Information in seinen zahlreichen Schränken und Schubladen im Rathaus angesammelt. Damit ist jetzt Schluss: Der langjährige Leiter des Fachbereichs Soziales, Senioren und Altenheime räumt in diesen Tagen sein Büro. Nach Ostern nimmt er noch seinen Resturlaub. Am 30. Juni ist dann offiziell Schluss. Die Geschäftsführung der gemeinnützigen GmbH der Städtischen Seniorenheime Krefeld hat er bereits am 30. März an seinen Nachfolger Jörg Schmidt übergeben. Adelfang hat in Krefeld ein Stück Sozialgeschichte geschrieben. Die WZ sprach mit ihm rückblickend über die Meilensteine seiner nicht immer leichten Arbeit.
Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Walter Adelfang: Ich bin mit Herz und Seele Kommunalbeamter und habe in meinem Tätigkeitsbereich immer sehr die Gestaltungsmöglichkeiten geschätzt. Dabei bin ich in all den Jahren mit dem entliehenen Motto eines Buchtitels von Horst Ehmke, „Politik der praktischen Vernunft“, gut gefahren.
Am 1. März 1992 haben sie die Leitung des Sozialamtes übernommen. Diese Aufgabe galt immer schon als die schwierigste in der Verwaltung. Sehen Sie selber das auch so?
Adelfang: Ob Schwierigste, weiß ich nicht mit Blick auf Ordnungsamt und Ausländerabteilung. Die stehen dem in nichts nach. Aber schwierige Aufgabe, das kann ich bejahen, weil wir in diesem Fachbereich immer Klippen umschiffen: einerseits die menschliche Not zu lindern, andererseits die öffentlichen Finanzen und den Haushalt im Blick zu behalten. Der Sozialetat kann das ganze Gefüge sprengen.
Wie hat sich der Sozialetat in Ihrer Amtszeit entwickelt?
Adelfang: Im Jahr 1992 lagen die Ausgaben Brutto bei umgerechnet 76 Millionen Euro, heute haben sie sich mit 140 Millionen fast verdoppelt. Was uns als Gemeinschaft Sorge machen sollte, sind die Fallzahlen. 1993, neun Jahre vor Einführung der Arge, erhielten schon 19 200 Menschen Hilfe zum Lebensunterhalt. Heute haben wir 27 900 Menschen in Hartz IV. Die erhalten für Regelleistungen und für Kosten der Unterkunft im Jahr insgesamt 130 Millionen Euro. 38 Millionen davon bringt die Stadt auf, der andere Teil kommt vom Bund. In beiden Fällen muss es jedoch letztendlich der Steuerzahler zahlen. Deshalb bedauere ich auch die Kurskorrektur des Bundes bei der öffentlichen Beschäftigungspolitik.
Was hat sich im Laufe der vergangenen 20 Jahre im Fachbereich Soziales schwerpunktmäßig geändert?
Adelfang: Inhaltlich hat sich vieles geändert, aber die Probleme sind immer noch dieselben. Schon in meiner ersten Sitzung des Sozialausschusses wurde über die brennenden Themen Drogensucht, Notschlafstelle, Fahrdienst für Behinderte sowie Gerontopsychiatrie gesprochen.
Was sind im Rückblick die Meilensteine Ihrer Arbeit?
Adelfang: Die Schließung der großen Asylbewerberheime, die Gründung der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung (ZfB), der Anstoß von Krefeld Süd und damit auch der Fabrik Heeder, die verbesserte Personalsituation im Sozialamt, die 1995 mit einem Anteil von 40 Prozent unbesetzter Stellen katastrophal war, weiter die „Integrierte Sozialplanung“ für Krefeld, die später in dem „Sozialhilfebericht“ für die Stadt Krefeld mündete. Bis heute eine wichtige Grundlage für weitere politische Entscheidungen in dieser Stadt. Das sind die großen Meilensteine.
Wie ist Ihnen das alles gelungen?
Adelfang: Mit Spaß an der Aufgabe und verlässlichen Mitarbeitern. Vor allem jedoch hat mir meine Ausbildung zum Verwaltungs-Diplom-Inhaber an der Verwaltungsakademie in Bochum geholfen. Die bestand zu zwei Drittel aus Jura und zu einem Drittel aus Betriebswirtschaft. Dadurch kann ich zu allem etwas sagen — und „dicke Bretter“ bohren. Und dann ist entscheidend gewesen, dass ich tatkräftige Unterstützer gehabt habe wie beispielsweise Gerhard Ackermann bei den Themen ZfB und Krefeld Süd. Unser Ziel war es beim NRW-Projekt „Soziale Stadt“, die größtmögliche Förderung für den Südbezirk zu akquirieren. Kurzerhand haben wir die zuständigen Ministeriums-Mitarbeiter eingeladen, einen kleinen Bus gemietet und ihnen bei einer Tour den Krefelder Süden schmackhaft gemacht. Das ist die Keimzelle der Fabrik Heeder.
Welche Ihrer zahlreichen Aufgaben hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Adelfang: Eigentlich die Sanierung und Neukonzeption der städtischen Seniorenheime, weil ich mich da wirtschaftlich frei bewegen konnte. Das hat 1996 begonnen mit der Überführung der drei Seniorenheime aus dem Regiebetrieb des Sozialamtes zunächst in eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung und schließlich in eine eigenständige gemeinnützige GmbH und die schrittweise Modernisierung. Heute zählen dazu fünf Häuser sowie eine Service-Gesellschaft.
Werden Sie das vermissen?
Adelfang: Ja, aber ich werde künftig noch ganz gut als Senior-Consulter für die städtischen Altenheime und ein weiteres privates Heim zu tun haben. Ich freue mich darauf, bald mehr Zeit zum Fotografieren zu haben, für Besuche der neuen und alten Pinakothek mit meiner Frau. Auch will ich die Universität zum Thema Kunstgeschichte noch einmal besuchen und meine Gedanken zur Seniorenentwicklung verschriftlichen. Langeweile werde ich also nicht haben.