Jüdische Gemeinde: Historischer Fund beim Aufräumen
Aus Kempen stammt der Davidstern, der 1938 vor den Nazis versteckt wurde.
Krefeld. Sein Eisen rostet schon. An einigen Stellen hängen noch Glassplitter in seinem Rahmen. Lange Zeit lag er vergessen in einer Lagerhalle. Nun ist der Davidstern aus der 1938 zerstörten Kempener Synagoge wieder aufgetaucht und der jüdischen Gemeinde Krefeld gespendet worden.
Für den Krefelder Rabbiner Yitzhak Mendel Wagner ist der Davidstern mehr als ein Zeitzeuge der Geschichte. "Es ist ein Symbol für das Judentum", sagt er. "Das Fenster wurde zerstört, aber die Essenz ist erhalten geblieben - so wie unsere Gemeinde." Für ihn ist es ein Wunder, dass der Davidstern in die Synagoge zurückgekehrt ist - ebenso wie die Gemeinde.
Rückblick: In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland von den Nationalsozialisten Synagogen und jüdische Häuser verwüstet und zerstört. Am Morgen des 10. November 1938 zündeten mehrere SA-Männer das Kempener Gotteshaus an.
72 Jahre später findet der Kempener Thomas Pegels den Davidstern beim Aufräumen in seiner Lagerhalle. Aus Erzählungen seines Vaters wusste Pegels, dass sein Großvater nach der Pogromnacht am 10. November 1938 an den Aufräumarbeiten beteiligt war und den Stern, der seinen ursprünglichen Platz über dem Hauptportal hatte, mitgenommen hat. Er wollte ihn vor den Nazis sichern. Das war sehr riskant, denn wäre er erwischt worden, hätten ihm harte Strafen gedroht.
Auch Yitzhak Mendel Wagner ist überzeugt: "Die Situation war damals so brisant, dass es keine einfache Sache war, diesen Stern mit nach Hause zu nehmen." Thomas Pegels, der Mitglied des Kempener Lionsclub ist, überlegte sich, dass der beste Aufbewahrungsort für den geschichtsträchtigen Stern die neue Synagoge in Krefeld sei. Denn zu der Jüdischen Gemeinde der Stadt gehört auch Kempen. Bei einer Führung durch die Synagoge in Krefeld mit dem Lionsclub wurde die Spende überreicht. Einen festen Platz hat der Stern noch nicht in der Krefelder Synagoge. "Dadurch, dass auch noch Glassplitter in dem Rahmen sind, müssen wir noch einen sicheren Aufbewahrungsort finden", sagt Yitzhak Mendel Wagner.
Bald soll sich der Davidstern aber in die Reihe von Ausstellungsstücken in der Synagoge reihen, die die Geschichte der Gemeinde dokumentieren. Darunter beispielsweise der Grundstein der ebenfalls 1938 zerstörten Linner Synagoge, der vor einigen Jahren bei Bauarbeiten auf dem ehemaligen Grundstück an der Rheinbabenstraße aufgetaucht ist. Ebenso wie eine Thora-Rolle aus der ehemaligen Synagoge in Dülken. "Die hat der evangelische Pfarrer Wilhelm Veit damals gerettet", sagt der Krefelder Rabbiner.
Möglich ist auch, dass der Davidstern wieder nach Kempen zurückkehrt, wenn auch nur zeitweise. Nachdem der dortige Bürgermeister Volker Rübo von dem historischen Fund erfahren hat, möchte er den Stern künftig in der stadthistorischen Ausstellung präsentieren. Mit der Jüdischen Gemeinde sei man bereits im Gespräch; Streit um den Stern solle es nicht geben.
"Wenn er im jüdischen Gemeindezentrum in Krefeld bleibt, wären wir sehr daran interessiert, ihn für eine Ausstellung über jüdisches Leben in Kempen auszuleihen. Allerdings ist so eine Ausstellung derzeit noch nicht geplant", sagt der Kempener Bürgermeister.