Kranke Bäume: Das verlorene Paradies
Zahlreiche Bäume in Krefeld sind von Krankheiten bedroht. Wer eine grüne Stadt erhalten möchte, muss Geld in die Hand nehmen, sagen die Gartenamtsleiter.
Krefeld. Im Sommer spenden sie erquickenden Schatten, sind ohnehin eine wahre Augenweide — die Baumriesen der Krefelder Alleen. Doch das grüne Paradies ist bedroht, seit Jahren greifen Krankheiten um sich und nehmen immer größere Ausmaße an. Allein in diesem Winter mussten an der Roonstraße 14 Kastanien fallen, an der Hirschfelderstraße elf, am Von-Beckerath-Platz acht und am Canisiusplatz sogar 54.
Der Schock der Anlieger ist entsprechend groß. So hat sich das Erscheinungsbild am Platz hinter der Rittberger Halle komplett verändert. „Es herrschte schon eine bedrückende Stimmung“, erzählt Anlieger und Spielplatzpate Dieter Neumann. Geplante Neupflanzungen mögen da zwar ein gewisser Trost sein, doch bis die alte Pracht wiederhergestellt ist, werden Jahrzehnte vergehen. Immerhin sammeln die Anlieger nun Spenden und planen ein Baumfest.
Das Problem ist nicht nur krefeldspezifisch. Überall in den Städten haben die Straßenbäume mit Krankheiten zu kämpfen. Und so beschäftigt sich die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, kurz GALK, seit Jahren mit dem Thema. Seit 2005 werden in einem Straßenbaumtest geeignete Arten und neue Sorten für die neuen Herausforderungen geprüft. Denn der Klimawandel fordert die ohnehin schon durch Abgase, Feinstaub und schlechte Standortbedingungen gebeutelten Pflanzen mit extremen Wetterkapriolen.
Das Fazit für die GALK: „In Zukunft müssen wir einen erhöhten technischen und finanziellen Aufwand betreiben, damit Pflanzen und Bäume in unseren Städten optimale Standortbedingungen vorfinden, gesund wachsen und ihre Wohlfahrtswirkungen auch tatsächlich leisten können“, heißt es da. „Man arbeitet ja mit Lebewesen und nicht mit Laternenpfählen“, betont Dr. Joachim Bauer, Leiter des Arbeitskreises Stadtbäume. Daher benötigten auch die angepassteren Bäume optimale Bedingungen. Will heißen: „Wie sieht der Untergrund aus? Finden sich hier Schutt, Müll, Kabel und Kanäle? Wie verdichtet ist die Erde?“, nennt Bauer Beispiele. Optimal sei es, den Boden auszutauschen, mit Substraten anzufüllen, für Belüftung zu sorgen. Auch oberirdisch müssten die Baumscheiben geschützt werden. Und das alles bedeute eben auch — neben den laufenden Pflegemaßnahmen — einen größeren Finanzbedarf.
Eine Einschätzung, die sich so im Krefelder Haushalt nur bedingt widerspiegelt. Flossen 2011 noch 181 000 Euro für den Unterhalt der Straßenbäume, sollten es 2012 lediglich 150 000 Euro sein. Immerhin sind diese nun um 50 000 Euro aufgestockt worden. Doch allein der Befall der Platanen durch Massaria erzeugt jährlich Kosten von 120 000 Euro, allein für die Kontrolle. 800 Bäume sind derzeit von dieser Krankheit befallen und müssen aufwendig von der Krone her mit Hubsteigern oder von Kletterern beobachtet werden. Die Kastanien haben dagegen eher mit der sogenannten Rindenkrankheit (Pseudomonas) zu kämpfen, hinzu kommt der Samtfußrübling wie an der Hirschfelderstraße und vermutet wird ein Befall durch Phytophtora (Dürerstraße). Angesichts von 3084 Kastanien im öffentlichen Raum besorgniserregende Anzeichen. Insgesamt hat das Amt übrigens mehr als 60 000 Bäume zu betreuen, rund 27 000 davon sind Straßenbäume.
Grund genug für die Grünen, einen detaillierten Schadensbericht zu fordern. Darüber hinaus gehe es um die Frage, wie der Bestand nachhaltig gesichert werden könne und welche Kosten zu erwarten sind, betont Ratsherr Christoph Bönders. Ermittelt werden soll auch das benötigte Geld für ein umfassendes Baumerhaltungskonzept. Der Antrag allerdings ist nun erst einmal verschoben worden in den Umweltausschuss. Immerhin sind mit dem Haushalt noch weitere 100 000 Euro für Neupflanzungen bewilligt worden.