Weihnachten Der erste Weihnachtsgottesdienst an Gleis eins im Hauptbahnhof

Krefeld · Superintendentin Barbara Schwahn lädt für Heiligabend an die Bahnhofsmission ein.

Sophie Bollmann, Koordinatorin der Bahnhofsmission, steht an Gleis 1. Wenn das Wetter mitspielt, findet dort an Heiligabend der erste Gottesdienst statt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Für ihren ersten Gottesdienst an Heiligenabend in Krefeld hat sich die neue Superintendentin Barbara Schwahn einen ganz besonderen Ort ausgesucht: Sie wird ihn – je nach Wetterlage – in oder draußen an der Bahnhofsmission, an Gleis 1 des Hauptbahnhofes, zelebrieren. Sie möchte Weihnachten feiern mit den Menschen, die dort ihre Anlaufstelle haben oder dort stranden, nicht mit denen, die gemütlich zu Hause am Kaminfeuer sitzen können.

„Die Weihnachtsgeschichte handelt doch von Reisenden, die keine Unterkunft finden“, erklärt Schwahn die Parallelen. Denn: Wegen der Volkszählung gingen Maria und Joseph nach Bethlehem. Als sie dort ankamen, war in der Herberge kein Platz mehr für sie. Sie mussten die Nacht in einem Stall verbringen, in einer Notunterkunft sozusagen.

Die Superintendentin
will ein Zeichen setzen

„Krisensituationen gibt es immer“, sagt die Superintendentin für den Evangelischen Kirchenkreis Krefeld-Viersen, die jetzt 100 Tage im Amt ist. „Ich möchte ein Zeichen setzen, dass alle Menschen Wertschätzung brauchen.“ In der Weihnachtsgeschichte bei Lukas heiße es außerdem: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.“ Die Menschen seines Wohlgefallens gebe es auf Gleis 1 und an anderen Orten.

Heißer Kaffee, Plätzchen
und Zuwendung

Die Bahnhofsmissionare haben in ihrem kleinen Haus am Bahnsteig 1 ein waches Auge für die Menschen, die zu ihnen kommen. Sie sind ohne Vorurteile und bemerken Veränderungen bei ihren Gästen sofort. Bei ihnen gibt es heißen Kaffee, Plätzchen und Zuwendung im Gespräch.

Sie betrachten es als ihre soziale Kernaufgabe, für Obdachlose, einsame Menschen oder solche mit anderen Problemen einfach da zu sein. Es ist ihnen wichtig, Menschen zu erreichen, quer durch die Gesellschaft. Sie sind da, wenn das Leben entgleist.

Und das tun sie schon länger. An Gleis 1 hat die Bahnhofsmission seit April 2007 ihr Domizil. Insgesamt gibt es dieses Angebot seit über 110 Jahren. Es entwickelte sich aus der klassischen Suppenküche heraus. Nun wird dort erstmals an Heiligabend ein Gottesdienst für die Besucher der Mission gefeiert. Und nicht nur das: „Wir haben eine kleine Geschenke-Tüte mit Handschuhen und Süßigkeiten vorbereitet“, erklärt Sophie Bollmann, die zuständige Koordinatorin. „Ab 10 Uhr gibt es Kaffee, ab 11.30 Uhr Suppe und Brötchen und um 13 Uhr den Gottesdienst.“

Zehn Helfer, für die die Arbeit Ehrensache ist, stehen bereit. Erwartet werden zwischen 60 und 70 Besucher.

Trio sorgt für musikalische Untermalung

Musikalische Untermalung gibt es mit einem Trio, Schüler der Waldorfschule: Jonathan spielt das Euphonium, Mathis und Cohn die Trompeten. Schwahn freut sich über das Engagement. „Die Weihnachtsgeschichte wird in verteilten Rollen vorgetragen.“ Sie ist überzeugt, dass der Gottesdienst am Gleis allen Reisenden gefallen wird, die zufällig dort anwesend sind, nicht nur den Besuchern der Mission.

Schon jetzt wurde das kleine Haus weihnachtlich geschmückt. Pressefrau Bettina Furchheim hat bereits das Friedenslicht aus Bethlehem – über Wien, Köln und Grevenbroich – nach Krefeld auf die Theke des kleinen Hauses gebracht. Dort verbreitet es im Windlicht seinen warmen Schein.