Bei der Europawahl kamen viele günstige Umstände für die Grünen zusammen. Wie weit lag das Ergebnis über Ihren Erwartungen?
Politik Grüne entscheiden im November über ihren OB-Kandidaten
Krefeld · Interview Der Parteivorstand, Eva Malecha-Konietz und Karsten Ludwig, spricht darüber, welche Folgen das Ergebnis der Europawahl für die Kommunalwahl im nächsten Jahr hat und über „Fridays for Future“.
Karsten Ludwig: Meine positivsten Schätzungen lagen bei 17, 18 Prozent. Nach dem Wahlsonntag bin ich erstmal nur noch durch die Stadt geflogen. Aber das wirklich Schöne daran ist: Solche Erfolge geben Kraft für die Kommunalwahl 2020, sie motivieren die Mitglieder, weil man sieht, dass Ergebnisse über 20 Prozent möglich sind.
Sollten Sie ein solches Ergebnis im nächsten Jahr erreichen, bräuchten sie viele Grüne für den Stadtrat und die Bezirksvertretungen. Woher sollen die angesichts der relativ kleinen Mitgliederzahl kommen?
Ludwig: Die Mitgliederzahl spiegelt unser Wahlergebnis tatsächlich nicht wider, der Zuwachs bei den Mitgliedern aber schon. Wir haben jetzt erstmals seit Jahrzehnten wieder die Marke von 200 Mitgliedern geknackt. Außerdem haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, auch Menschen auf die Liste zu nehmen, die nicht Mitglieder sind, aber Expertinnen und Experten aus der Bürgerschaft.
Könnten darunter Vertreter von „Fridays for Future“ sein?
Eva Malecha-Konietz: Wir sprechen natürlich mit den Vertretern der Bewegung. Aber die Bewegung hat den Anspruch, parteiunabhängig zu sein, und wir wollen die Bewegung auch nicht vereinnahmen. Aber natürlich sind Menschen, die die Umsetzung ihrer Forderung mitgestalten wollen, bei uns herzlich willkommen.
Welchen Einfluss hat das Wahlergebnis auf Ihre Entscheidung, einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten aufzustellen?
Ludwig: Aus meiner Sicht ist es eine Selbstverständlichkeit, dass eine Partei sich so aufstellt, dass sie einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken kann. Das ist ganz unabhängig vom Ergebnis der Europawahl. Wir haben mehrere Interessenten, die das Format haben, ein guter OB-Kandidat zu sein. Die Entscheidung fällt im November, wenn wir unsere Liste aufstellen.
Welchen Einfluss hat es auf Ihre Entscheidung, dass CDU und FDP überlegen, einen gemeinsamen Kandidaten zu nominieren?
Malecha-Konietz: Erstmal keinen. Es muss den beiden ja auch erstmal gelingen, sich zu einigen, das hat bei der vorherigen Kommunalwahl nicht geklappt. Und wir wissen nicht, ob es eine Stichwahl gibt. Wenn es so wäre, sehe ich realistische Chancen, dass ein grüner Kandidat in die Stichwahl kommt.
Und wenn es keine Stichwahl gibt?
Malecha-Konietz: Diesen Punkt müssen wir in unsere Überlegungen einbeziehen, so wie die andere Punkte auch. Am Ende entscheiden das ja auch nicht wir beiden, sondern unsere Mitglieder.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Oberbürgermeister Frank Meyer, und wie gehen Sie mit dem Gedanken um, dass Sie ihm mit einem eigenen Kandidaten schaden könnten?
Ludwig: Wir haben ein ganz gutes Verhältnis zu ihm. Ob wir ihm schaden? Das ist der erste Eindruck. Aber unsere Wählerklientel hat gar nicht so große Schnittmengen mit der SPD. Wir sind genauso interessant für Konservative, denen Klimaschutz und Nachhaltigkeit wichtig sind.
Nach der Wahl könnten Koalitionen mit der SPD oder der CDU möglich sein. Wer wäre Ihnen als Partner lieber?
Ludwig: Wir haben selbstverständlich einen Gestaltungsanspruch, wir wollen die Mobilitätswende in Krefeld hinkriegen, wir wollen, dass Krefeld grüner wird. Wir müssen gucken, mit wem wir unsere Ziele besser erreichen können. Und wechselnde Mehrheiten bedeuten in Krefeld nicht zwingend etwas Schlechtes.
Wie wollen Sie dabei verhindern, diejenigen zu enttäuschen, die jetzt ihre Hoffnung in die Grünen setzen?
Malecha-Konietz: Wir müssen weiter offen arbeiten und im Dialog bleiben. Es geht um den Drahtseilakt, nicht jeden Kompromiss einzugehen, weil er uns ein kleines bisschen nach vorne bringt, aber auch nicht alles abzulehnen, weil es uns nicht weit genug geht.
Ludwig: Das Wahlergebnis hat uns geholfen, weil jetzt auch der Letzte verstanden hat, dass Klimaschutz ein Zukunftsthema ist und dass er die Menschen wirklich bewegt.
Wird es, wenn im Spätsommer 2020 gewählt wird, noch „Fridays for Future“-Demos geben?
Malecha-Konietz: Wir erleben eine junge Generation, die wieder politisiert ist. Diese Generation hat nun die Erfahrung gemacht, dass sie Einfluss hat. Die jungen Menschen werden sich also jetzt kaum wieder entpolitisieren. Schließlich haben sie für das gesorgt, über das ich mich am Wahlabend am meisten gefreut habe: die hohe Wahlbeteiligung.