Thesenpapier Aufruf zu einer modernen Kirche

Krefeld · Krefelder Katholiken und der Diözesanrat im Bistum fordern mehr Gleichberechtigung und Demokratie.

Für eine moderne Kirche (v.l.): Hans-Joachim Hofer (Vorsitzender Katholikenrat Krefeld), Dieter Spoo (Diözesanrat Aachen), Georg Nuño-Mayer (Referent im Büro der Region) und Stefan Kronsbein (Mitglied im Diözenrat).

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Das Thesenpapier des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Aachen hat es wahrlich in sich. Es ist eine Abrechnung mit dem Zustand der Kirche im Jahre 2019. Ein Aufruf zu einer groß angelegten Reform. Eine Art friedliche Revolution von unten. An der Basis rumort es. So sind die Ausführungen des Katholikenrates der Region Krefeld/Meerbusch zu verstehen. „Das Vertrauen in die Amtskirche ist zerstört. Das kann nur ein Auftakt sein“, sagt der Vorsitzende Hans-Joachim Hofer.

Es geht um die Macht in der Kirche, die Sexualmoral, die priesterlichen Lebensformen und die Rolle von Frauen. Große Themen, mit denen die Basis bisher bei den hohen Geistlichen vor verschlossenen Türen gestanden habe, wie es heißt. „Wir müssen eine ganz andere Kirche aufbauen“, sagt Dieter Spoo, ein Mann mit radikalen Forderungen, der im Vorstand des Diözesanrates sitzt und an der Schrift maßgeblich mitgewirkt hat, die unter anderem dem Aachener Bischof Helmut Dieser zuging.

Der Diözesanrat der Katholiken ist die höchste Laienvertretung im Bistum Aachen. Eine erste Version, die den Bischof Dieser mit persönlichen Vorwürfen anging, hatte der Krefelder Katholikenrat noch abgelehnt. Eine moderatere Fassung stellten die Herren nun kurz nach Weihnachten vor und kommentierten diese. Die in dem Thesenpapier angesprochenen Themen seien als Gesprächsgrundlage zu verstehen auf dem „Synodalen Weg“, der von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralrat der Katholiken gemeinsam verantwortet wird. Die Vertreter der Basis sehen die Zukunft in Gefahr. Die christlichen Kirchen in Deutschland verlieren Mitglieder. Auch um diesen Trend geht es.

Die Forderungen rütteln allerdings am Fundament der katholischen Kirche und ihren Auffassungen und teils 2000 Jahre alten Traditionen. Die Macht soll mit verbindlichen Regeln auf der Grundlage von demokratischen Voraussetzungen und getreu dem Prinzip der Gewaltenteilung geschaffen werden. Dazu gehöre auch die Kontrolle der geistlichen Macht und Sanktionen durch unabhängige Gremien. Das Priestertum soll ebenfalls reformiert werden. Nicht nur Männer sollen das Amt ausführen dürfen, sondern auch Frauen. Gleichberechtigung fordern sie auch für die Ausübung aller anderen Weiheämter.

Zudem erwarten sie die Aufhebung des Zölibats, einer religiös begründeten Pflicht, sexuell enthaltsam zu leben. Außerdem soll die Sexualmoral überdacht werden. Der Diözesanrat tritt ein für einen offenen Umgang mit Sexualität, der lebendige und tragfähige Beziehungen ermöglichen soll, explizit auch mit der homosexuellen Liebe und aller anderen Formen der biologischen und psychischen Geschlechtlichkeit.

Diözesanrat Spoo: „Kleriker-Kaste steckt in einer Blase“

In der Entscheidung des Papstes Franziskus, das Päpstliche Geheimnis bei Missbrauchsfällen abzuschaffen, sehen die Männer einen ersten Schritt in die richtige Richtung. „Wir wollen uns als Christen verändern“, sagt Hans-Joachim Hofer: „Wir wollen den Dialog mit der Bistumsleitung. Wir sind für mehr Demokratie in der Kirche.“ Dieter Spoo, der seit 36 Jahren für eine modernere Kirche eintritt, formuliert es noch eine Spur härter: „Die Kleriker-Kaste steckt in einer Blase. Es tut sich nichts. Der Katechismus, der allen alles vorschreibt, funktioniert nicht mehr.“ Stefan Kronsbein, Vorstandsmitglied im Diözesanrat Krefeld/Meerbusch, der die Erstfassung der Schrift bei der Vollversammlung des Katholikenrates vorgestellt hatte, meint: „Eine Frau kann auch Päpstin werden. Warum soll eine Frau das nicht können?“ Die Kirche sei gesellschaftlich unverzichtbar, habe aber ein Strukturproblem.

„Wir müssen uns auf Dauer mit den Menschen beschäftigen, die die Kirche schon verlassen haben“, sagt Hofer. Die Kirche könne nur überlegen, wenn sie wieder mehr in der Gesellschaft ankomme, so Spoo: „In Aachen habe ich gesehen, wie wenig katholisch die Stadtbevölkerung noch ist. Die Kirche muss sich möglichst in den nächsten fünf bis sieben Jahren verändern, nicht erst in 100.“

Der Dialog müsse mit einer neuen, offenen und verbindlichen Methodik zielorientiert geführt werden.