Zeichen für Demokratie Krefeld feiert buntes Festival gegen Populismus auf Burg Linn
Krefeld · Stadt hat sich am Dienstag als weltoffen und vielfältig präsentiert sowie Träume für die Gesellschaft vorgestellt.
Mit politischen Visionen werden gemeinhin zwei Sätze verbunden: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ und „I have a dream...“. Die Redner beim „Festival für Meinungsfreiheit und politische Visionen“ auf Burg Linn haben es am Dienstag eindeutig mit Martin Luther King gehalten. Sie haben ihre politischen Ideen für die Zukunft vorgestellt und gemeinsam mit Musikern, Tänzern und Theatermachern ein Zeichen für Vielfalt gesetzt.
Rund 1500 Zuschauer füllten im Laufe des Abends die Wiese vor Bühne und Rednerpult. „Es ist ein richtig gutes Gefühl, wenn ich Sie hier alle sehe“, sagte Oberbürgermeister Frank Meyer in seiner Begrüßung. „Wir sind eine positive, bunte, offene und freie Stadt.“
Das Festival fand parallel zu einem „Bürgerdialog“ der AfD statt, für den die Bundestagsfraktion die Linner Museumsscheune gemietet hatte. Die Initiatoren des Festivals wollten darauf nicht mit einer Demo reagieren, sondern zeigen, dass Krefeld vielfältig ist, und den Bürgern Visionen für das Zusammenleben in der Stadt präsentieren.
„Ziel dieser Veranstaltung ist es, für etwas zu sein und nicht gegen etwas, Ideen zu haben und nicht zu meckern“, sagte Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin des Museums Burg Linn. Morscheiser unterstrich dieses Statement mit einen ebenso einfachen wie eindrucksvollen Weg: Sie las die ersten fünf Artikel des Grundgesetzes sowie Artikel 16a vor, in dem das Recht auf Asyl geregelt ist.
Auf der Bühne sollte das Programm so bunt wie die Gesellschaft sein, die die Organisatoren präsentieren wollten. Dazu gehörten ebenso die Linner Rampensäue wie eine bulgarische Tanzgruppe, Weltmusik von „Mondo Mashup Soundsystem“ und die Band „Huber Schorsch und die kulturpolitischen Sprecher“, die der Beigeordnete Markus Schön in der Stadtverwaltung gegründet hat.
Schüler und Lehrer des Fabritianum zeigten in einer Lesung an vielen Beispielen, wie präsent Homophobie nach wie vor im Alltag ist. Ein Beispiel ist die Frage an ein schwules Paar „Wer ist bei Euch eigentlich der Mann?“ Dazu lernten die Besucher des Festivals den passenden Konter kennen: „Fragst Du beim Chinesen, wenn Du die Essstäbchen auspackst auch, was davon die Gabel und der Löffel ist?“
Die Visionen präsentierten Krefelder Vertreter aus Bundes- und Landtag sowie aus hiesigen Institutionen — und hielten sich dabei an die Vorgabe, nicht länger als fünf Minuten zu sprechen. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk wollte einer der Redner sein, erhielt dazu aber keine Gelegenheit.
Ina Spanier-Oppermann, die für die SPD im Düsseldorfer Parlament sitzt, entwickelte ihren Traum aus einem Bibelzitat: „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch und du sollst ihn lieben wie dich selbst“, heißt es im 3. Buch Moses.
„Diese Werte werden in der Welt, von der ich träume, gelebt“, sagte Ina Spanier-Oppermann und verband dies mit konkreten Ideen für die künftige Gesellschaft. Kita, Schule, Uni und Ausbildung sind darin allen kostenlos zugänglich. Sie träume von einer Gesellschaft „ohne Twitter“, einer Gesellschaft, die Freude an Bildung habe — und Spaß an Visionen.
Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle in Krefeld, erklärte erst am Ende ihres Beitrags, was daran der Traum ist.
Sie erzählte von ihrer Kindheit in den Achtzigern und dem, was sie damals von ihren Eltern gelernt hat: dass jede Abweichung von der Art, wie man sein Leben lebt, eine Bereicherung ist; dass man Kinder und Jugendliche nicht als naiv abtun soll, wenn sie eigene politische Vorstellung entwickeln. „Mein Traum ist, dass die Welt, in der meine Eltern mich großgezogen haben, sich nicht als Seifenblase entpuppt“, sagte Franz.
Parteiprogramme und Wahlkampf ähnliche Versprechen blieben bei den Reden außen vor – mit einer Ausnahme. Marc Blondin, Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender CDU, schloss seine Rede mit einer Erklärung: „Die CDU Krefeld wird nicht mit der AfD und wird nicht mit Rechtspopulisten zusammenarbeiten.“