Politisches Nachspiel Krefeld wollte den Cinemaxx-Brandstifter abschieben – vergeblich
Krefeld · Die Geschehnisse in Krefeld beschäftigen die NRW-Landespolitik. Viele fragen sich, warum nicht vorher gehandelt wurde. Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer äußert sich erstmals ausführlicher.
Die Geschehnisse vom Donnerstagabend, als ein 38-Jähriger wohl mehrere Brände in der Innenstadt gelegt hat und nur durch den Schuss aus einer Polizeipistole von einer weiteren Tat im Foyer des Cinemaxx Krefeld abgehalten werden konnte, hat jetzt auch ein politisches Nachspiel. Die Opposition im NRW-Landtag sieht wie viele Krefelder viele Fragen ungeklärt.
Der FDP-Landtagsabgeordnete Marc Lürbke hat deshalb eine „Kleine Anfrage“ an die Landesregierung gestellt, mit der er erfahren will, warum der Iraner trotz „seiner umfangreichen Vorstrafen“ bislang nicht abgeschoben worden sei. Außerdem will er wissen, welche Informationen der Landesregierung darüber vorliegen, in welcher Form er psychologisch oder medizinisch betreut wurde, um seiner mutmaßlichen psychischen Erkrankung Rechnung zu tragen. Und auch die SPD-Fraktion fordert in einem Brief an NRW-Innenminister Hermann Reul (CDU) Antworten bis zum Ende der Woche. Konkret will Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, wissen: „Warum wurde nicht mehr veranlasst, um solche Taten zu verhindern?“ Sollten diese und weitere Fragen nicht zeitnah beantwortet werden, will die SPD-Fraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen.
Vielzahl an Identitäten macht
die Rückführung schwierig
Die Stadt Krefeld hat inzwischen bestätigt, dass der Verdächtige kurz vor der Tat noch ins Visier der Behörden geriet: Der 38-Jährige sei Prüffall im nordrhein-westfälischen Handlungs- und Prüffallkonzept für Personen mit Risikopotenzial, kurz PeRiskoP. Mit diesem Konzept sollen eigentlich schwere, zielgerichtete Gewalttaten verhindert werden. Der Hinweis, den Krefelder in das Konzept aufzunehmen, sei demnach von der Ausländerbehörde in Krefeld gekommen. Die Wohnung des Mannes sei wenige Tage vor der Tat noch durchsucht, der 38-Jährige danach befragt worden.
Oberbürgermeister Frank Meyer erklärte im WDR-Fernsehen, warum der Verdächtige bislang nicht abgeschoben werden konnte. „Auf der deutschen Seite sind alle Voraussetzungen erfüllt, um ihn ausreisepflichtig zu stellen, aber der Iran nimmt solche Menschen nicht auf.“ Denn: Lange war die Identität des Mannes ungeklärt. Mit bis zu 27 Identitäten soll der bereits mehrfach wegen Gewaltdelikten in Erscheinung getretene Mann in verschiedenen EU-Staaten operiert haben. Für seine Rückkehr in den Iran hätte er laut Frank Meyer freiwillig erklären müssen, wer er ist. Der Iran hätte dies überprüfen und dann seinen Staatsbürger zurücknehmen müssen. Erschwerend komme allerdings hinzu, dass der Iran kein befreundetes Land sei.
Bis zuletzt hatte die Krefelder Ausländerbehörde versucht, die wahre Identität des Mannes festzustellen. Der 38-Jährige habe wegen seiner ungeklärten Identität jeden Monat erneut vorstellig werden müssen, um seine Duldung jeweils für einen Monat zu verlängern. Weil ihm das offenbar leid wurde, soll er dann vergangene Woche einen Mitarbeiter der Behörde bedroht haben.
Der 38-Jährige wurde laut Staatsanwaltschaft und Polizei Krefeld schon mehrfach in Deutschland und Frankreich verurteilt. Nach seiner medizinischen Behandlung wird er wegen des dringenden Tatverdachts der versuchten schweren Brandstiftung ins Gefängnis kommen und sich in naher Zukunft wohl erneut vor Gericht verantworten müssen.