Pandemie Zweiter Lockdown macht vielen Einzelhändlern zu schaffen

Krefeld · Die Passanten-Frequenz in der Innenstadt und der Umsatz sinken teils drastisch. Manche Händler sind besonders stark betroffen.

Nur wenige Passanten sind derzeit in der Krefelder Innenstadt unterwegs.

Foto: Andreas Bischof

Fragt man Markus Ottersbach, wie die Stimmung bei den Einzelhändlern in Krefeld ist, antwortet der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Kempen-Krefeld nach langem Zögern: „Konzentriert, fokussiert.“ Der zweite Lockdown light trifft die stationären Händler hart, das zeigen die Zahlen, die Christoph Borgmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Krefeld, auf der Mitgliederversammlung präsentierte: In den vergangenen 14 Tagen sind die Umsätze der Krefelder Einzelhändler zwischen 20 und 60 Prozent zurückgegangen. Bei diesen Zahlen sei es für manche Händler fast besser, ganz zu schließen und staatliche Hilfen – wie in der Gastronomie geplant – zu bekommen.

Besonders betroffen:
Mode- und Schuhhändler

„Die Frequenz in der Innenstadt fehlt“, sagt Borgmann. Die Frequenzverluste im zweiten Lockdown Light beziffert er auf zwischen zehn und 50 Prozent. Sind an einem „normalen“ Montag im Durchschnitt 1810 Passanten in einer Stunde auf der Hochstraße unterwegs, waren es am ersten Lockdown-Tag am 2. November nur 915 (Grafik 2). Bereits in der Woche vor dem offiziellen Lockdown habe es laut Borgmann gravierende Einbrüche gegeben. Besonders betroffen seien Mode- und Schuhhändler. „Wenn keiner zu Verstanstaltungen gehen kann, braucht er keine neuen Anziehsachen“, sagt Borgmann. Es gebe allerdings auch Gewinner dieser Krise: „Baumärkte, Lebensmittelhändler und alle, die mit Wohnen zu tun haben.“

Was dieser zweite Lockdown aus Sicht von Borgmann auch sehr deutlich macht: „Cafés und Restaurants sind enorm wichtig für eine Innenstadt – als Frequenzbringer und Stimmungsmacher.“ Haben sie geschlossen, haben es auch die Händler schwer. Als „Mutmacher“ bezeichnet Borgmann die Erfahrungen aus dem Sommer: „Die Frequenz nach dem ersten Lockdown in den Monaten Juni bis September lag schon wieder bei 97 Prozent des Durchschnitts.“ Da sei es besser gelaufen als erwartet. Er führt dies auch darauf zurück, dass viele nicht in Urlaub gefahren und dafür häufiger in die Stadt gegangen sind.

Jetzt aber komme es „knüppeldick“. Derzeit  fehlen auch die Kunden von außerhalb. Borgmann: „Krefelds Händler machen 28 Prozent ihres Umsatzes mit auswärtigen Kunden. Und die kommen derzeit nicht.“

„Sehr verhalten“ schaut Krefeld  auch auf das Weihnachtsgeschäft, sagt Ottersbach. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels prognostiziere zwar ein Plus von 1,5 Prozent, das kann Ottersbach jedoch nicht nachvollziehen. Viele Kunden seien verängstigt. „Sie bleiben zuhause.“ Borgmann ergänzt: „Angesichts der Infektionszahlen bin ich auch nicht sehr optimistisch, dass am 1. Dezember alle wieder öffnen dürfen.“

Viele Kunden würden zudem online bestellen. Nun sei Online-Shopping, so Ottersbach, nicht per se „der Teufel“. „Auch bei vielen lokalen Händlern kann man digital einkaufen.“ Doch könne das Onlinegeschäft bei ihnen niemals ganz die Verluste des stationären Geschäfts ausgleichen.

Und ein weiteres Damokles-Schwert hängt über den Einzelhändlern: Die Landesregierung hatte in der Coronaschutzverordnung beschlossen, dass die Händler an den Adventssonntagen sowie am 3. Januar öffnen dürfen, um die Einkaufsströme zu entzerren. Dagegen hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi eine Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht Münster eingereicht. Eine Entscheidung dazu wird in der kommenden Woche erwartet.

Für Ottersbach und Borgmann ist das Verhalten der Gewerkschaft nicht nachvollziehbar. „Ich würde mir schon wünschen, dass Verdi die Fundamentalopposition gegen die offenen Sonntage in dieser Situation aufgibt“, sagt Ottersbach. Borgmann spricht von einem Machtgebaren der Gewerkschaft, das auf dem Rücken der Unternehmen, aber vor allem der Beschäftigten ausgetragen werde. „Meine Mitarbeiter haben dafür kein Verständnis.“ Der Einzelhandel brauche diese Sonntage. „Die Gastronomen haben Hilfe in Aussicht, Händler nicht. Dabei machen sie bis zu 70 Prozent Minus.“