Krefelder Notschlafstelle für Obdachlose platzt aus allen Nähten

Die Diakonie berichtet von einem immensen Zulauf in den vergangenen Jahren. Ein weiteres Haus könnte die Lage entspannen.

Foto: Archiv Andreas Bischof

Krefeld. Die Notschlafstelle der Diakonie an der Lutherstraße 18 reicht für die Menschen, die dort übernachten wollen, nicht mehr aus. „Ihre Zahl steigt, wir haben einen immensen Zulauf“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Ludger Firneburg. Seitdem das Vorderhaus Lutherstraße 20 wegen Kündigung nicht mehr zur Verfügung steht, ist die Wohnung für obdachlose Frauen ebenso weggefallen wie das sogenannte Trainingswohnen für Obdachlose. „Wir brauchen dringend Unterstützung von der Stadt“, sagt Firneburg.

Seit langer Zeit sei die Diakonie schon im Gespräch mit der Stadt. Als zum Ende des vergangenen Jahres das Vorderhaus aufgegeben werden musste, spitzte sich die Situation zu. „Die psychischen Belastungen der auf der Straßen lebenden Menschen haben zugenommen ebenso wie die Hygieneprobleme in der Notschlafstelle selbst“, erklärt Firneburg. Bei dem Gebäude handele es sich um ein sehr altes Haus, das die Stadt der Diakonie zur Verfügung stelle. „Für die Nutzung als Notschlafstelle und Tagesaufenthalt ist es nie konzipiert gewesen und infolge der jahrelangen Beanspruchung (Raumklima, Luftfeuchtigkeit, sanitäre Einrichtung) sehr starkem Verschleiß ausgesetzt.“ Entsprechend groß sei der Renovierungsbedarf.

Im vergangenen Jahr sind insgesamt 14 415 Übernachtungen an der Lutherstraße gezählt worden. 8,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Da waren es insgesamt 13 303 Übernachtungen. Jede Nacht nutzen 45 bis 46 Personen die Notschlafstelle — deutlich mehr Männer als Frauen. Während in 2015 insgesamt 815 Personen wegen Überfüllung oder bestehendem Hausverbot an die Stadt verwiesen werden mussten, ist diese Zahl in 2016 auf 1586 Fälle gestiegen.

Um diesem Ansturm auch im Beratungszentrum gerecht zu werden, hat die Diakonie eine weitere halbe Sozialarbeiterstelle eingerichtet und eine zusätzliche Kraft im Tagesdienst eingestellt. „Diese Kosten tragen wir zusätzlich zu unserem großen Eigenanteil“, sagt Firneburg. Von 70 000 Euro ist die Rede, die die Diakonie von der Stadt bezahlt haben möchte. Einen entsprechenden Antrag habe die Diakonie mit Blick auf den demnächst zu verabschiedenden Haushalt im August gestellt.

Hilfe erhofft sich die Diakonie auch bei der Ausweitung der Notschlafstelle. „Die zusätzliche Anmietung des Hauses Lutherstraße 20 könnte eine deutliche Entlastung bringen.“ Das Haus in kirchlichem Besitz soll verkauft werden, Firneburg baut auf einen Investor oder die Stadt, die das Haus zurück an die Diakonie vermieten könnten. „Die Notschlafstelle im Viertel ist akzeptiert, bei einer gänzlich anderen Adresse könnte es Schwierigkeiten mit den Nachbarn geben.“

Die Diakonie denkt auch über ein neues Angebot nach. Mehr als die Hälfte der derzeitigen Wohnungslosen haben die Einrichtung an der Lutherstraße als dauerhafte Unterbringung akzeptiert. 28 Prozent von ihnen sind schon länger als zwei Jahre da. „Wir sind aber kein Wohnheim“, sagt Firneburg, ein solches Angebot für Menschen, die nicht mehr alleine wohnen können, fehle bislang in Krefeld.