Tierschutz Krefelder Tierheim ist nach der Corona-Zeit am Limit

Krefeld · Immer mehr Hunde und Katzen werden an der Straße ausgesetzt oder in Heimen abgegeben, weil ihre Besitzer mit ihnen überfordert sind. Im Tierheim Krefeld kann fast kein Tier mehr aufgenommen werden.

 Die stellvertretende Tierheim-Leitein Mona Schellscheidt ist froh über das Katzenhaus, in dem ausgesetzte Tiere sich erholen können.

Die stellvertretende Tierheim-Leitein Mona Schellscheidt ist froh über das Katzenhaus, in dem ausgesetzte Tiere sich erholen können.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Tierheime und Tierschützer hatten es kommen sehen: Sobald ein Stück Normalität nach dem monatelangen Lockdown mit Homeoffice und Home-Schooling wieder einsetzt, landen die in dieser Zeit vielerorts angeschafften Hunde und Katzen verstärkt im Tierheim oder werden ausgesetzt. Allein Ende September hatte der Krefelder Tierschutzverein auf seiner Facebook-Seite von zwei drastischen Fällen berichtet, in denen Welpen wie auch Katzen allein aufgefunden worden waren. „In dem einen Fall waren es drei sehr junge, kranke und stark verwurmte Hunde, die am Deutschen Ring; in dem anderen Fall saßen gleich zwei Katzen in einer offenen Transportbox am Wegesrand“, erzählt Mona Schellscheidt. Nicht die einzigen Tiere.

Viele Tierhalter nennen Überforderung als Abgabegrund

„Wir haben viele Abgabeanfragen, können aber gar nicht so viele aufnehmen“, sagt die stellvertretene Tierheim-Leiterin. Das Haus ist voll. 40 Hunde, darunter auch behördliche Sicherstellungen, und 82 Katzen sind am Flünnertzdyk im Moment untergebracht. Ein Tier sei offenkundig ein „Corona-Opfer“. Weil der Besitzer jetzt wieder arbeiten würde, könne er zeitlich dem Hund nicht mehr gerecht werden, habe er ehrlicherweise gesagt.

 „In den anderen Fällen sagen die Leute oft, sie wären mit dem Tier überfordert.“ Aber auch das sei letztendlich eine Folge der Corona-Pandemie. Die wenigsten hätten zuvor überlegt, was es bedeutet, sich um einen Hund oder eine Katze artgerecht zu kümmern. „In den meisten Fällen haben sich die Menschen irgend einen ‚süßen’ Welpen ausgesucht, meist über ebay oder auch über illegale „Hundevermehrer“, sozusagen aus dem Kofferraum“, erzählt Mona Schellscheidt. Ohne oftmals zu wissen, was die typischen Rassemerkmale sind und ob der Vierbeiner überhaupt zu einem passe. Erst recht zu einem Besitzer ohne Hundeerfahrung. Die Probleme im Umgang seien schon fast programmiert.

 Ob erwachsene Katzen oder wie zuletzt eine Katze mit sechs Kitten, die ausgesetzten Tiere im Tierheim häufen sich zusehends. 

Ob erwachsene Katzen oder wie zuletzt eine Katze mit sechs Kitten, die ausgesetzten Tiere im Tierheim häufen sich zusehends. 

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Spätestens in der Pupertätsphase des Hundes gebe es die ersten Probleme. Dann hieße es, der Hund sei schwer händelbar, dabei ist der Mensch der Verursacher der Probleme. Erschwerend sei hinzugekommen, dass im vergangenen Jahr während der Lockdowns die Hundeschulen und -Trainer nicht arbeiten durften und somit Mensch und Hund nicht die Grundkommandos und einen problemlosen Umgang miteinander erlernen konnten.

Hunde würden bei ebay und aus dem „Kofferraum“ gekauft

„Die ersten Hunde haben wir im vergangenen Oktober schon bekommen, die im ersten Lockdown im März gekauft worden waren“, erzählt Nicola Kreuzmann vom Tierheim Moers. Im Auftrag der Stadt nehmen sie Krefelder Fundtiere auf. Dass Hunde über ebay angeboten oder aus illegalen Verkäufen stammen, hält sie für unverantwortlich. „Da fehlt es an Politik, die einem solchen Treiben den Riegel vorschiebt.“ Während ein offizieller Züchter gesunde Tiere abgibt und vorher prüfe, ob der Interessent die notwendigen Voraussetzungen für die Haltung einer bestimmten Rasse mitbringt, zähle das nicht bei den anderen Verkäufern. IIlegaler Hundeverkauf ist mittlerweile ein Riesengeschäft.

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Foto: privat

„Dann kommt es vor, dass der erst so süße Schäferhund-Mischling mit ein paar Monaten seinen Besitzer an die Wand stellt und bedroht“, nennt Nicola Kreuzmann eins von vielen Beispielen. Die Arbeit mit solchen Hunden dann im Tierheim sei personell und finanziell sehr aufwändig. Und nicht nur ein Problem der Tierheime, die als Verein aus Spenden ihre Arbeit finanzieren. „Es ist ein gesellschaftliches Problem“, sagt die Tierheim-Leiterin. Denn die Tieren seien oft schlecht sozialisiert, nicht erzogen und die Leute ließen sie dann im Freien auch noch ohne Leinen laufen. „Fragen Sie mal in den Tierkliniken nach, wo inzwischen immer mehr Beißattacken behandelt werden müssen“, rät sie zur Recherche.

Wer Probleme mit seinem jungen Vierbeiner habe, sollte zunächst die Hilfe eines erfahrenen Hundetrainers suchen. Das Tierheim sei der letzte Ausweg. Wer hingegen ausgesetzte Tiere findet, sollte Ausschau halten nach einem Zettel oder irgend einen Hinweis auf den Besitzer. Laut Tierschutzgesetz ist das nämlich verboten.