Kriminalität in Krefeld 2025: „Bürger, die sich wohlfühlen, halten sich auch eher an Regeln“
Die WZ sprach mit dem früheren Polizeipräsidenten Dieter Friedrich über die Entwicklung der Kriminalität.
Krefeld 2025. Gerade erst ist die Debatte über eine Videoüberwachung auf dem Theaterplatz neu aufgeflammt. Dieter Friedrich muss darüber ein wenig schmunzeln. Zu oft hat er dies während seiner Amtszeit als Polizeipräsident in Krefeld (1994 bis 2008) erleben müssen. Und so wie sein Nachfolger hat er gebetsmühlenartig wiederholt, dass das Polizeirecht Kameras nicht zulässt. „Wobei ich heute glaube, dass eine Verdrängung gar nicht stattfinden wird. Die Drogenszene wird damit leben und irgendwann nicht mehr an die Kameras denken.“ Direkt vor einer Linse würden wohl kaum Straftaten begangen. Auch heute werde eher woanders gedealt als direkt auf dem Platz.
Einer generellen Videoüberwachung steht Friedrich ebenfalls skeptisch gegenüber. Aus London etwa sei ihm nicht bekannt, dass flächendeckende Kontrolle zu einer Veränderung der Kriminalitätsrate geführt habe. Wie aber kann es 2025 aussehen, wenn mit möglicherweise anderen politischen Mehrheiten eine Videoüberwachung nach britischem Vorbild möglich würde? „Ich erwarte davon keine Wunderdinge“, sagt der frühere Polizeichef. Auch 2025 werde die Überwachung durch Kameras in Krefeld kaum mehr Sinn machen.
Die Zeitspanne von heute bis 2025 ist in etwa vergleichbar mit der Amtszeit Friedrichs. In der habe sich die Polizeiarbeit massiv verändert: DNA-Spuren können mittlerweile perfekt verarbeitet werden, Fahnder begeben sich im Internet auf Tätersuche, Handys werden geortet, und durch Grenzöffnungen wurden die Ermittler vor neue Herausforderungen gestellt, etwa wegen des Drogentourismus’ in die Niederlande. Doch auch osteuropäische Tätergruppen machten vor Krefeld nicht halt, stehlen hier Fahrzeuge und brechen in Wohnungen ein. „Die Polizei hat sich auf solche veränderten Situationen stets eingestellt. Ich bin mir sicher, dass ihr das auch künftig gelingen wird“, lobt Friedrich die leistungsstarken Mitarbeiter.
Manch solche Herausforderung ergebe sich auch bis 2025, ist der 68-Jährige überzeugt — insbesondere, weil die Zyklen technischer Veränderungen immer kürzer würden. Er denkt aber auch an die EU-Erweiterung. Friedrich meint nicht nur Rumänien und Bulgarien. In weiter Ferne sei auch Serbien in Sicht, und das treibt dem Polizeipräsidenten im Ruhestand angesichts der kriminellen Strukturen in dem Land Sorgenfalten aufs Gesicht.
Daher hegt er den Wunsch, dass man in der EU bei der polizeilichen Zusammenarbeit noch mehr zueinander findet. Länderabkommen, wie es sie bereits mit den Niederlanden, Österreich und dem Nicht-EU-Mitglied Schweiz gibt, wonach Polizeikräfte im jeweils anderen Land bei Einsätzen tätig werden dürfen, könnten auf andere Staaten ausgeweitet werden. Nicht nur der Rechtsschutz der Bürger und die Menschenrechte müssten auf das Niveau alteingesessener EU-Staaten steigen, auch das Strafermittlungs- und -verfolgungssystem sollte einheitlich sein, so Friedrich. Derzeit ranke sich die Diskussion zur EU vor allem um den Finanz- und Wirtschaftsraum. „Aber sie ist mittlerweile mehr.“
Eine gesellschaftliche Aufgabe sieht Friedrich darin, der zunehmenden Respektlosigkeit gegenüber Polizeibeamten entgegenzuwirken. „Die Beamten finden eine andere Straße vor als früher. Heute muss ja sogar schon der Rettungsdienst geschützt werden.“ Man gehe schweren Zeiten entgegen, wenn hier nicht eine Trendwende erreicht werde.
„Mit ein bisschen Sorge“ betrachtet der 68-Jährige die mangelnde Entwicklung Krefelds. Denn: „Die Neigung, Gesetze zu brechen und Regeln nicht einzuhalten, steigt in einer Gesellschaft, die nicht zufrieden ist.“ Die Politik sei gefordert, die Stadt so zu entwickeln, dass sich die Bürger darin wohlfühlen. „In Krefeld müssen vernünftige Planungsziele geschaffen und umgesetzt werden.“ Es gelte zudem, soziale Brennpunkt zu beseitigen.