Kunst in Krefeld Als Krefeld ein Magnet für Avantgarde war
Krefeld · Ein Film und eine Ausstellung im Schütte-Pavillon dokumentieren eindrucksvoll ein kulturgeschichtliches Phänomen.
Es liegt fast immer an einzelnen Personen, auch wenn es einen fruchtbaren Humus braucht, damit Dinge gedeihen. Geht es um die Nachkriegskunst – dieser Begriff an sich ist schon diskutabel, aber immerhin wirkten die besagten Künstler „nach dem Krieg“ in den 50ern und 60ern – so fällt auf, dass es im Rheinland sowohl entsprechende Personen als auch offenbar den nötigen Humus gegeben haben muss. Viel könnte man deuteln, woran dies genau liegt. Und viel wird auch in dem neuen Film von Christiane Lange und Helge Drafz mit dem Titel „Rheinische Wunder; Wie die Nachkriegskunst in die Museen gelangte“ – auch von Zeitzeugen, sei es als Archiv oder noch in Persona lebendig, und das ist wunderbar – darüber nachgedacht. Darüber, wieso explizit auch in Krefeld zeitgenössische Kunst einen besonders prosperierenden Ort haben konnte.
Krefeld-Pavillon bleibt bis
zum Stadtjubiläum 2023 stehen
Der eineinhalbstündige Dokumentarfilm, in dem viel Liebe zum Detail steckt, ist derzeit in einer kleinen aber feinen Ausstellung im Krefeld Pavillon von Thomas Schütte Krefeld, Wilhelmshofallee Ecke Kaiserstraße, zu sehen. Übrigens wie Lange, vom Projekt MIK, bei einem Gespräch im Pavillon erläuterte, wird dieser wohl doch noch länger erhalten bleiben. Das an eine Pagode erinnernde Mischwesen aus Plastik und Gebäude soll auch beim Stadtjubiläum 2023 eine Rolle spielen. Derzeit sucht Lange nach auch möglichen musikalischen Spielmöglichkeiten für den Pavillon, der dank des holzigen Gewölbes, eine tüchtige Akustik hat.
Aber zurück zum Film. Ohne Zweifel wären Ausstellungen von Yves Klein, Jean Tinguely, Alberto Burri, Arman, Robert Rauschenberg, Robert Indiana, Claes Oldenburg, der Gruppe ZERO, Hans Haacke, Franz Erhard Walter, Richard Long oder auch Christo, die Krefeld zu einem besonderen Ort zeitgenössischer Positionen machten, ohne die damalige Leitung des Kunstmuseen Krefeld, und das Haus Lange (Seit 1955 Ausstellungsort des Kaiser-Wilhelm-Museums) nicht denkbar. „Paul Wember, 1947 bis 1975 Direktor des Krefelder Museums, war einer der ersten in Deutschland, der die Türen seines Hauses weit für die Gegenwartskunst öffnete“, heißt es im Begleittext auf der MIK-Webseite. Damit ist eine der Personen gefunden, die dafür sorgten, dass Gegenwartskunst in Krefeld herausragende Akzente setzen konnte. Keine Überraschung. Doch in den vielen Statements und dokumentarischen Beiträgen, etwa aus dem Filmarchiv des WDR, – es kommen zu Wort Katia Baudin, Christo, Ulrich Erben, Gisela Fiedler-Bender, Walter Grasskamp, Julian Heynen, Maren Heyne, Magdalena Holzhey, Heinz Mack, Sylvia Martin, Ruth Müller, Klaus Polenz, Susanne Rennert, Susanne Titz – finden sich schöne Überraschungen. „War es die Bilderfreude des rheinischen Katholizismus, oder eher der wirtschaftliche Aufstieg des Goldenen Westens nach 1945, der diese in der jungen BRD einmaligen Entwicklung begünstigte? Oder einfach eine glückliche Fügung?“ – fragt man. Es waren die Menschen. Übrigens, dass im Beuys-Jahr das Geburtstagskind nur – wenn – eine Nebenrolle spielt, ist ein Statement.
Die Schau umfasst auch Archivfotos und Kataloge. Zu sehen bis 31. Oktober, Mittwoch bis Sonntag 12 bis 18 Uhr. Sponsor ist die Sparkassenkulturstiftung.