Auf der Suche nach dem jungen Publikum
Niederrheinische Sinfoniker bringen Schülern des Merian-Gymnasiums in Fischeln die klassische Musik näher.
Krefeld. Leicht verschüchtert steht der zehnjährige Tim auf seinem Stuhl in der Aula und schwingt mit der rechten Hand den Taktstock. Auf dem Spielplan steht gerade Beethovens "Ode an die Freude". Auch wenn die Bewegungen noch etwas verspannt wirken, die Grundbegriffe des Dirigierens hat Tim im Nu verinnerlicht.
Mal schnell und zackig, mal langsam und mit Bedacht lenkt er die Stimmlage des vor ihm postierten Schülerchors. Dann ertönt das Signal, das Tim aus seiner Anspannung befreit und ein befreites Lachen über sein Gesicht huschen lässt: "Super gemacht! Applaus für Tim!"
Nein, man kann nicht gerade sagen, dass klassische Musik und Krefelder Fünftklässler eine natürliche Verbindung eingingen. Das ist dem Dirigenten Antony Hermus und dem Bratschisten Nils Mönkemeyer, die jetzt im Rahmen des bundesweiten Programms "Rhapsody in school" das Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium in Fischeln besuchten, um dort knapp 140 Schülern ihre Musik näherzubringen, durchaus bewusst.
Doch obwohl die Kinder mit den Klängen von Hector Berlioz und Felix Mendelssohn Bartholdy weniger vertraut sind als mit denen von Eminem oder Bushido, zeigen sie keinerlei Berührungsängste gegenüber ihren Gästen. Was macht ein Dirigent? Was ist der Unterschied zwischen Geige und Bratsche? Warum bewegen sich die Musiker immer so komisch?
Nur drei der zahlreichen Fragen, mit denen die Sextaner die Musiker löchern, ehe sie sich ans gemeinsame Musizieren machen. Für Musiklehrerin Christiane Heinrich ist die Neugier der Schüler keine Überraschung: "Gerade Fünfer-Klassen sind sehr spontan. Die haben keine Scheu zu fragen."
Eine Erfahrung, die auch Projektleiterin Sabine von Imhoff bestätigt: "Wir bekommen unheimlich viel Resonanz auf unsere Schulbesuche. Viele Eltern haben geschrieben, dass ihre Kinder ein Instrument erlernen wollen, nachdem die Künstler in den Schulen waren."
Auch den Musikern selbst ist es ein Anliegen, die Barriere zwischen Jugend und Klassik zu verringern, natürlich auch aus Eigennutz: "Sonst haben wir bald kein Konzertpublikum mehr", verweist Mönkemeyer auf den hohen Altersdurchschnitt in den Konzerthäusern - auch in Krefeld.