Auftritt: Martin Vöhringer - Respekt vor allen Beteiligten
Martin Vöhringer ist der neue Dramaturg im Gemeinschaftstheater Krefeld- Mönchengladbach. Premiere ab 17. September.
Krefeld. Aus dem hohen Norden kommt Martin Vöhringer ans Gemeinschaftstheater Krefeld-Mönchengladbach. Wie der neue Intendant Michael Grosse war der Dramaturg am Landestheater Schleswig-Holstein engagiert. Geboren aber wurde er tief im Süden der Republik, in Ravensburg. Etwas weiter nördlich, in Frickenhofen, am Fuß der Schwäbischen Alb, hat er seine Kindheit verbracht. Der Vater war dort evangelischer Pfarrer. Mit der schwäbischen Idylle war es vorbei, als Vöhringers Eltern nach Kamerun gingen. Zwei Jahre blieb er mit ihnen dort.
1973 flog er alleine von Douala nach Stuttgart zurück, um wieder auf eine deutsche Schule zu gehen. Da war er zehn Jahre alt und musste zwei Jahre getrennt von den Eltern leben, die noch in Afrika blieben.
Vöhringers erste künstlerische Liebe war das Kino. "Ich war schon früh groß und konnte mich so in Filme schummeln, die erst für Ältere zugelassen waren", erzählt er. Nach dem Abitur in Göppingen hat er an der Freien Universität Berlin Philosophie, Politik und Neuere Germanistik studiert. In den Studienjahren erwachte dann auch die Liebe zum Theater. Es war die letzte Zeit des DDR-Regimes, und Vöhringer lebte in Kreuzberg.
Ins Theater aber fuhr er mit Tagesvisum in den Ostteil der Stadt, besuchte Vorstellungen im Deutschen Theater oder an der Volksbühne. "Alles passiert hier und jetzt, und man ist als Zuschauer dabei", diese "besondere Qualität des Theaters" hat ihn dort gepackt. Auch hat er damals "den Stellenwert des Politischen" im Theater schätzen gelernt.
Rostock und Aalen (Baden-Württemberg) waren Stationen seiner Laufbahn, und er hat auch schon hier in der Nähe gearbeitet. In der Spielzeit 1993/94 war er Dramaturgieassistent am Schlosstheater Moers. In dem kleinen Team dort hat er das enge Zusammenspiel der vielen Gewerke, die zu einer Theaterproduktion beitragen, aus nächster Nähe erlebt und gelernt, wie wichtig es ist, dass alle Beteiligten voreinander Respekt haben.
Zur Zeit arbeitet Vöhringer an der Dramaturgie zu Shakespeares "Othello". Mit der Inszenierung des neuen Schauspieldirektors Matthias Gehrt beginnt am 17.September der Premierenreigen am Gemeinschaftstheater. "Wie wird man heimisch in dieser Welt?", das sei eine der menschlichen Grundfragen, vor die sich Othello gestellt sehe, der als Fremder in einer weißen Gesellschaft lande.
"Heimisch werden bedeutet Arbeit", fügt Vöhringer hinzu, und ein wenig - glaubt man - klingt dabei die Erfahrung mit, die Vöhringer bei der Odyssee in seiner Kindheit machen musste.