Bühnenbildner Mayer im Interview: "Der Glanz ist abgeblättert"

Der spricht über seine Arbeit und die Oper "Manon", die am 1. März am Theater Premiere feiert.

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Herr Mayer, die Oper „Manon“ schwelgt in Pomp und Luxus, doch ihr Bühnenbild besteht nur aus wenigen Wänden und Türen. Warum?

Siegfried E. Mayer: Ich wollte eine barocke Architektur erschaffen, die nicht wie eine Postkarte von Versailles aussieht. Der Glanz soll abgeblättert wirken, nicht wie Disney aus der Tube. Deshalb schneiden wir die Säulen, Wände und Türen auf etwa zwei Dritteln der Höhe einfach ab. Das soll zusätzlich Irritation erzeugen.

Wozu die extreme Reduktion?

Mayer: Armut kann hilfreich sein, wenn man über Reichtum sprechen will. Bei zu viel pittoreskem Zeug auf der Bühne besteht die Gefahr, dass man gar nicht bei Manon ankommt. Dabei entwickelt diese Figur eine ungeheuere Schärfe: Sie ist eine Frau, die sich emanzipiert, die ihr Leben in die Hand nimmt.

So viel psychologische Tiefenschärfe hätte man dieser Oper gar nicht zugetraut.

Mayer: Wir sind selbst überrascht, wie inhaltlich die Arbeit ist. Von der ersten Sekunde an ist die Sehnsucht dieser jungen Frau spürbar: Sie soll ins Kloster gehen, doch dann trifft sie einen Mann. Die beiden schauen sich an und denken: Eigentlich wäre Leben auch ganz toll.

Wenn Sie beginnen, ein Bühnenbild zu planen — wie fangen Sie konkret an?

Mayer: Als bildhafter Mensch suche ich als erstes ein paar Bilder, die auf eine Situation verweisen. Das können Fotos, Kunstwerke oder Zeitungsausschnitte sein. Daraus gestalte ich ein Bild, mit dem ich zum Regisseur gehe.

Welche Rolle spielt in den ersten Überlegungen das Budget?

Mayer: Wenn ich anfange zu denken, tue ich erst mal so, als hätte ich alles Geld der Welt. Manchmal mache ich sogar einen Entwurf, von dem ich weiß, dass er zu teuer ist. Die spätere Reduktion durch Geld und Zeit hat aber auch Vorteile: Sie kann hilfreich sein, die Klarheit des Gedankens herauszuschälen. Ohne krampfhaft puristisch sein zu wollen: Es ist nicht schlecht, mehr Subtext als Holz auf der Bühne zu haben.

Manchmal steckt der Subtext auch im Holz: Die Türen wirken jedenfalls wie ein starkes symbolisches Element.

Mayer: Manon stößt — bildlich gesprochen — im ganzen Stück Türen auf. Jede Tür führt in ein Zimmer und dort ist die nächste Tür — wie in Versailles. Erst am Ende ist die Bühne leer, und Manon ist ganz allein. Spätestens in dieser Szene verbinden sich für mich die Stärken der Oper mit denen des Schauspiels.