Collagen mit sanftem Saxofon

Mehr als 500 Zuschauer wollten Joshua Redman und das Trondheim Jazz Orchestra hören.

Krefeld. Geht doch. Bisher hat sich der Jazzklub erst ein einziges Mal in den großen Saal des Stadttheaters getraut. Das war 2010, der Star des Abends hieß Paul Kuhn. Mit dem Altmeister war man auf der sicheren Seite. Jetzt waren die Ehrenamtler so mutig, das Trondheim Jazz Orchestra mit Gastsolist Joshua Redman einzuladen, und der Vorverkauf lief schleppend. Am Ende war der Saal gut gefüllt, die Begeisterung groß.

Auf der Bühne stehen und sitzen 13 Musiker, eine veritable Big Band könnte man meinen. Aber als eine Big Band nach amerikanischem Muster kann man die Norweger nicht bezeichnen. Das hat mit dem musikalischen Material und mit den Arrangements zu tun: Alle Stücke stammen von Mastermind Eirik Hegdal.

Die Trondheimer blasen keine herkömmlichen Jazzsongs zu komplexen Arrangements auf, indem sich Holz- und Blechabteilung geschickt verzahnte Riffs zuspielen. Durchgehende Rhythmik fehlt ebenso, als Arrangementform wird die Collage bevorzugt.

Zwei Widmungsstücke, eines für den Freejazzer Eric Dolphy, eines für Charles Mingus, der das Collage-Prinzip mit als erster im Jazz einführte, markieren dennoch Anknüpfungspunkte an die amerikanische Tradition, aber weitab vom Mainstream.

Die sieben Bläser des Ensembles werden durch eine Gruppe aus zwei Celli und einer Violine ergänzt, Gitarre, Bass und Schlagzeug sind die Rhythmusgruppe.

Schräge Märsche, fast schon süßliche Balladen, ein Stück, das „Country“ heißt und auch danach klingt, Weltmusik-Anklänge und zwischendurch heftig schnelle Swingpassagen — Hegdal räubert sich durch die Stile und orchestriert die Musik fast im klassischen Sinne. Die Streicher liefern eine Grundierung, die anderen türmen darüber in farbenreicher Mehrstimmigkeit das Thema. Das ist sehr europäisch.

Rhythmuswechsel gibt es fast in jedem Stück, oft tragen kleine Teilensembles längere Passagen. Die Dynamik wird vom Pianissimo bis zum Forte in voller Bandbreite genutzt. Einzelne Instrumentalisten verfügen über schillernde Möglichkeiten, Solist Joshua Redman ist — ohne das negativ zu meinen — nicht der alles überstrahlende Stern.

Redman spielt vor allem ein betörend sanftes Sopransaxofon, Leiter Hegdal ist ein außergewöhnlicher Baritonsaxofonist. Trompeter Eivind Lønning, E-Gitarrist Nils Olav Johansen und Violinist Ola Kvernberg bereichern das Ensemble ebenfalls durch individuelle Fähigkeiten.

Das ungewöhnliche Konzert endete mit Getrampel, Standing Ovations und zwei Zugaben.