Feinsinniger Kerl mit Ruhrpott-Humor
Torsten Sträter belustigt das Krefelder Publikum im Seidenweberhaus — und ist von dem Bau ganz angetan.
„Na?“, begrüßt Torsten Sträter seine Fangemeinde im voll besetzten Seidenweberhaus. „Schöner Bau hier — wenn’s dunkel ist, geht’s“, schickt der sympathische Kabarettist hinterher und sorgt spontan für lockere Stimmung. Dabei füllt der Mann mit der Trendmütze Beanie als Markenzeichen noch nicht lange große Veranstaltungshallen. Noch kurz vor ihrem Tod habe seine 2012 verstorbene Mutter ihn gewarnt: „Das ist ein schönes Hobby, aber brotlose Kunst.“ „Ich hätte mir gewünscht, meine Mutter hätte es noch erlebt, dass ich heute vor vollen Häusern spiele“, bedauert er.
Wer seinen Erfolg verstehen will, muss sich an die Person herantasten. Und an seine Herkunft: Ruhrpott, in Dortmund geboren und zu Hause, trockener Humor, Menschenfreund, wahrheitsliebend, unaufgeregt und vor allem — tiefenentspannt. „Ich bin 51, ich mache keine Diät mehr - nur, damit Sie in 20 Jahren sagen können, ich sei ein schlanker Rentner.“ Offen outet er sich als Kaffeebase, Raucher, Langschläfer, Spätaufsteher und Nachteule. Und als Vater eines Sohnes, den er nicht immer versteht, aber liebt und ihn gerne oft sehen möchte.
Als Poetry Slammer hat er lange auf seinen Erfolg hingearbeitet, sich als Autor von Büchern und Hörbüchern einen Namen gemacht. Er hat auch schlechte Zeiten erlebt — bis hin zur Armut, weshalb er demütig geblieben ist.
All das spiegelt sich in seinem Programm wider, wie auch sein trockener kumpelhafter Ruhrpott-Humor. Sträter entwickelt seine Geschichten mit Bedacht, hat dabei nicht nur die Pointe im Sinn, sondern vielmehr den Inhalt. So, wenn er aus seinem Afrika-Tagebuch vorliest und es weniger um seine Erlebnisse geht als um den Zustand des Landes.
„Ich sehe die Armut und die Warzenschweine — die Tauben Afrikas.“ Oder das Groteske wie auf einem Werbeplakat im Edeka-Geschäft in Windhuk, Namibias Hauptstadt, in Deutsch: „Winterzeit ist Eintopfzeit.“
Seiner Mutter verdankt der geerdete Humorist eine Reihe typischer Müttersprüche. „Das Zimmer räumt sich nicht von alleine auf“, ist so einer. Dabei sei er 30 Jahre lang fest davon überzeugt gewesen, dass dem so ist. Eine andere Weisheit war: „Wir sind doch hier nicht bei den Hottentotten“, was Sträter ein willkommener Anlass ist, in diversen Windungen über die Herkunft der Hottentotten zu deklamieren und darüber, ob der Begriff, den einst die Buren als Ersatznamen für namibische Stämme erfanden, überhaupt politisch korrekt ist. Vom „Hölzken aufs Stöcks-ken“ kommt er in seinen Geschichten immer wieder gerne. Bloß bei Politik fasst er sich an diesem Abend kurz. „Die Türkei will rein in die EU, die Briten wollen raus — geben wir den Türken Großbritannien.“
Sträter ist feinsinnig, mitunter hintergründig und ironisch bis satirisch, doch nie zynisch. Er ist geistvoll, ohne sein Publikum intellektuell zu überfordern oder seine Intelligenz auch nur annähernd heraushängen zu lassen. Dafür sind ihm seine Fans dankbar, weil sie ihn verstehen, samt seiner authentischen Komik. „Ich wollte auch nie Arzt werden, und zwar nicht nur, weil ich kein Abitur habe. Ich wäre spätestens beim Praktikum der Urologie gescheitert“, gesteht er. Wobei es ihm — im Gegensatz zu vielen Kollegen — geling, bei Themen wie Prostata und Blähungen nicht peinlich zu werden.
„Ich amüsiere mich jetzt schon besser als Sie“, sagt er gleich zu Beginn zu einem Besucher. Und es bereitet ihm Spaß, wenn sich auch sein Publikum amüsiert. Dafür legt er sich dann gerne drei Stunden lang ins Zeug, ohne dem Rat anderer zu folgen und das Programm schon nach zwei Stunden zu beenden. Die Leute sollen das Gefühl haben, für ihr Geld einen Gegenwert zu bekommen, meint er. „Auch wenn’s heute ja nichts zu lernen gab.“
Sagt es, gibt eine letzte hinreißend komische Geschichte zum Besten, in der er mit seiner digitalen Schwiegermutter per SMS korrespondiert. Verbeugung — anhaltender Applaus, und das trotz der anfänglichen Warnung, dass heute nicht für jeden etwas dabei ist. War es aber doch.