Jazzkeller: Stimme trifft auf Klanggewitter
Ein ungewöhnliches Duo: Sidsel Endresen und Stian Westerhus beeindrucken.
Krefeld. Der eine trat gewissermaßen bewaffnet auf. Vier mächtige Röhrenverstärker und eine Unzahl von Effektgeräten — der E-Gitarrist hatte auf der kleinen Bühne des Jazzkellers ein Equipment versammelt, das schlimmstes Gedröhne befürchten ließ. Die andere hingegen brauchte nur ein Mikrofon für ihre Stimme. Die Sängerin Sidsel Endresen und der Gitarrist Stian Westerhus bilden ein Duo, dessen Mittel gegensätzlicher nicht sein können.
2010 hatte der Jazzklub Endresen schon einmal eingeladen, damals im Duo mit dem Saxofonisten Hakon Kornstad. Das Publikum zeigte sich sehr beeindruckt vom ungewöhnlichen Gesang der Norwegerin, den Kornstad mit von seinem Saxofon ausgelösten Echoschleifen zurückhaltend begleitete. Westerhus — wie Kornstad ein Landsmann Endresens — erwies sich von härterem Kaliber als der Saxofonist. Die Gitarre setzt er so gut wie gar nicht auf herkömmliche Weise ein, sie dient ihm oft nur als Impulsgeber für Sounds, deren Charakter er im Wesentlichen durch die Effektgeräte herstellt. Oftmals benutzt Westerhus auch einen Geigenbogen, um den Saiten Töne zu entlocken, und erzeugt damit obertonreiche Klangwolken, die lyrisch bis elegisch wirken — nicht ohne dass der Gitarrist ab und zu wieder Donner und Blitz beimengt.
Endresen, deren Gesang fast immer einen erzählenden Gestus hat, den sie mit Gesten begleitet, geht in den Experimenten des Kollegen keineswegs unter, flicht ihre Stimme in die Industrial-Sounds ein oder setzt sich über die Klangwolken des Gitarristen.
Mal singt Endresen Norwegisch, mal ist ein wenig Englisch zu vernehmen, oft bedient sie sich aber auch einer Fantasiesprache. Geräusche und Obertöne bereichern die Stimme, die mal gegen die Gitarrensounds anredet, dann wieder mit ihnen in den Dialog tritt. Zusammen schaffen Endresen und Westerhus eine so bilderreiche wie beeindruckende Klangreise, zwei außergewöhnliche Individualisten vereinen sich zu einem beispiellosen Duo.