Jazzklub: Genuss mit Verspätung
Der Jazzklub hatte Urgestein Günter „Baby“ Sommer eingeladen. Doch das Publikum musste lange auf ihn warten.
Krefeld. Urgestein Günter "Baby" Sommer war vom Jazzklub angekündigt, doch der trat erst einmal gar nicht auf. Geigerin Gunda Gottschalk, die ihn begleiten sollte, hatte am Vortag des Konzerts mit der Krefelder Impro-Gruppierung Unerhört einen Workshop veranstaltet. Die 15 Frauen und Männer, alle hörbar Amateure, präsentierten im Südbahnhof zunächst mit ihrer Mentorin, was sie gemeinsam erarbeitet hatten.
Es hätte sich gehört, diesen Ablauf im Vorfeld mitzuteilen. Wer etwa 45 Minuten auf den Musiker warten musste, der die Hauptmotivation zum Konzertbesuch geliefert hatte, fand das jedenfalls nicht amüsant.
Nachdem man musikalische Spannung bei den 15 Amateuren vermissen musste, hellte Sommer die Mienen der Enttäuschten innerhalb kürzester Zeit auf. Der schon zu DDR-Zeiten auch im Westen bekannte Dresdener ist mit seinen 67 Jahren immer noch ein Ausbund an Vitalität und sprüht nur so vor Spielwitz.
Aus seinem mit einer zweiten großen Trommel und Gongs erweiterten Drumset kitzelt er mit bloßen Fingern, normalen Stöcken, Filzschlegeln, Schlagzeug- und tatsächlichen Besen sowie Pappröhren eine unüblich große Vielzahl von Sounds hervor. Fließende Wechsel zwischen metrisch gebundenem und freiem Spiel kennzeichnen sein Agieren. Dramatische Geste und Groteske in Dada-Manier geben bei Sommer einander die Hand.
Das anschließende Duo des Schlagzeugers mit Gottschalk war ein Genuss wegen der Dichte des Zusammenspiels, das auch in leisen Passagen nichts von seiner Intensität verlor. In ihrem Solo darauf bewies die Geigerin, dass man auf der Violine auch Geräusche produzieren kann, ohne dass die musikalische Spannung darunter leiden muss.
Zum Ende präsentierten sich die Profis Sommer und Gottschalk nochmals mit den Amateuren von Unerhört.