Konzert Phillip Boa: Kindergarten-Pop und Schrammelrock mit Tiefgang
Phillip Boa sang vor 450 Fans in der Kufa. Dabei überzeugte der Dortmunder mit neuer Reife.
Krefeld. Ein fulminanter Schlussakt krönte das kurzweilige Konzert und erinnerte an den einstigen Ruhrpott-Rebellen: Kaum hatte Phillip Boa das punkig-wütende "Kill your ideals" als letzte Zugabe gespielt, schmiss er die Gitarre zu Boden, trat darauf ein und nahm kurz danach ein Bad in der ausgelassen feiernden Menge.
Gerade die Unberechenbarkeit war schon immer eine spannende Zutat in der seit nunmehr 25 Jahre andauernden Musikkarriere wie auch in der viel beachteten Bühnenpräsenz des 47-jährigen Dortmunders.
Um seinen Fans eine Art aktuelle Bestandsaufnahme zu präsentieren, kam Phillip Boa nun zu einer von insgesamt sechs "Best of Shows" in die Kulturfabrik. Dabei standen neben zahlreichen Klassikern und Chart-Hits auch sechs per Fan-Voting bestimmte Songs auf der Setliste.
Nachdem das gänzlich unbekannte Weimarer Quintett Orph mit gefälligen Alternative-Rock die rund 450 Zuhörer in der Kufa erwärmen konnte, eröffneten Phillip Boa and the Voodooclub mit dem Mittempo-Song "Euphoria" den Reigen, der erneut die überbordende Fülle an Stil- und Spielelementen in Boas Avantgarde-Pop demonstrierte.
Harmonischer Kindergarten-Pop wechselte sich mit Schrammelrock ab, dazu kleidete ein scheppernder Percussion-Groove die scheinbar ungelenken Melodien in ein sich stetig wandelndes Rhythmuskorsett.
Unverwechselbar zu diesem zornig rumpelnden, dann aber auch hymnisch flirrendem Wave-Sound verliehen Boas unverwechselbares Nörgeln und Pia Lundes zarte Stimme den Songs ihren eigenen Charme. Zwischen dem dynamischen "Atlantic Claire" und "Diana" riss Zappelphillip Boa das bisweilen schwerfällig wirkende Publikum mit, ohne den großen Entertainer zu mimen. Rufe nach seinem Metal-Projekt Voodoocult blieben in dem "Best of"-Programm nicht ungehört und mit "Albert is a headbanger" wurde die Stimmung noch einmal angeheizt.
Nach zwei Zugabeteilen, die alte und neue Fans gleichermaßen versöhnten, und rund 100 Minuten Konzert verabschiedete sich das Sextett vom begeisterten Publikum.
Fazit: Auch wenn der Schwung vergangener Tage der Routine gewichen ist, Phillip Boa bleibt einer der schillerndsten Persönlichkeiten der deutschen Musikszene und hat nach einem Formtief deutlich an Reife und Schärfe gewonnen.