CD-Kritik Klassisches Saxophonquartett trifft auf Jazztrompete
Krefeld · Improvisationen und zeitgenössische Kammermusik auf einer spannenden CD. Mit dabei Trompeter Frederik Köster, bekannt aus dem Krefelder Jazzkeller.
Viermal Holz und einmal Blech – geht das zusammen? Oder genauer: Vier klassisch ausgebildete Saxophonisten und ein Jazztrompeter – können die sich musikalisch treffen und gut miteinander klingen? Das geht, und sie können. Man kann das nachhören auf „Levante“, der neuen CD des Sirocco Saxophone Quartet, zu der die Saxophonisten den Jazztrompeter Frederik Köster eingeladen haben, der den Krefelder Jazzfans durch viele Konzerte des Jazzklubs und im Jazzkeller bekannt ist.
Und auch das Sirocco Saxophone Quartet weist in seiner Besetzung Krefelder Bezüge auf. Sopransaxophonist Martin Hilner ist der Talentschmiede Laszlo Dömötörs entsprungen, der Generationen von Bläsern und vor allem jede Menge Saxophonquartette an der Krefelder Musikschule ausgebildet hat. Und am Tenorsaxophon hört man Kristof Dömötör, zwar kein Krefelder, aber nicht ganz zufällig ein Neffe des Krefelder Lehrers.
Fast alle Stücke wurden
für die CD geschrieben
Greta Schaller am Altsaxophon und Gregor Böhmerle am Baritonsaxophon komplettieren die damit wirklich klassische Besetzung des Saxophonquartetts. Allein die Kombination eines solchen Holzbläserquartetts mit einem Blechbläser ist schon ungewöhnlich. Noch exquisiter wird das Gemeinschaftswerk dadurch, dass mit einer Ausnahme alle Stücke für die CD geschrieben wurden. Die Ausnahme ist die Big-Band-Nummer „Comecar de Novo“ in einem Arrangement von Heiner Schmitz. Sechs Intermezzi stammen vom Baritonspieler Böhmerle, das Titelstück „Levante“ hat Köster geschrieben. Eine Komposition stammt vom Bruder der Altsaxophonistin, das ist Thilo Schaller. Vier weitere Stücke sind als Auftragskompositionen für die CD entstanden, sie stammen von Itai Sobol, Sophie Pope, Sebastian Sternal und Eberhard Budziat.
Kompositorisch trifft hier zeitgenössische Kammermusik auf Stücke, die eindeutig von Jazzharmonik gekennzeichnet sind. Wobei die stilistischen Unterschiede eigentlich gar nicht so stark ins Gewicht fallen. So hat Köster etwa sein Stück auch mit kammermusikalischer Komplexität arrangiert. Auf jeden Fall aber weisen die Stücke viele verschiedene Farben auf.
Die jazzigen Improvisationen stammen überwiegend von Köster, aber auch Tenorist Dömöter hat Soli beigesteuert. Er ist ein klassischer Musiker mit Jazz-Zusatzausbildung, auch das eine Rarität. Aber auch Hilner, Schaller und Böhmerle dürfen manchmal mehr, als sich nur am notierten Material abarbeiten, zumindest klingt das so etwa in „Party Dying“ von Sophie Pope. Hier kommen reichlich Spieltechniken zum Einsatz, die über die klassische Praxis hinausgehen, und auch das Arrangement wirkt im Gegensatz zu anderen nicht so streng gesetzt. Schräge Dissonanzen gegen Ende des Stücks unterstreichen das deutlich.
Ein Wagnis mit einer Mischung aus Kammermusik und Jazz
Jazz, neue Musik, zeitgenössische Kammermusik, all dies findet man auf dieser spannenden CD in hochkomplexen, aber immer zum Zuhören einladenden Arrangements – Musik, die neugierig macht. Die fünf Musiker sind auf vielfache Weise ein Wagnis eingegangen, das sich gelohnt hat.
Dabei glänzen die Holzbläser durch eine bemerkenswerte Spielkultur, und sie haben sich mit Köster den passenden Blechbläser ausgesucht. Schwer vorstellbar ist jedenfalls, dass ein weniger virtuoser Techniker und weniger stilsensibler Musiker als Köster die Aufgabe so stimmig und elegant gelöst hätte, sich in diese Musik und diese Besetzung so geschickt einzufügen und als Solist mit ihr zu spielen.