Künstler, Friseur und ihre Kamera

Christel Kremser hat Künstler Herbert Zangs und Friseur Willi Seidel portraitiert. Nun stellt sie ihre Bilder im Kunst-Spektrum aus.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der eine war Künstler, der andere ist Friseur. Herbert Zangs und Willi Seidel sind zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, die eines verbindet: die Liebe zur Kunst. Mit beiden Menschen hat sich die Fotografin Christel Kremser intensiv beschäftigt und ihre künstlerischen Ergebnisse jetzt in einer Ausstellung zusammengeführt.

Die beiden unteren Räume im Kunst-Spektrum sind Herbert Zangs gewidmet. 1996 lernte sie den Künstler persönlich kennen. Sie besuchte ihn im Hansa-Hotel, wo er mit seiner Lebensgefährtin Josefine Ochs wohnte. Eine besonders ausdrucksstarke Schwarzweiß-Fotografie zeigt das Paar auf der Terrasse, im Hintergrund ist der Krefelder Hauptbahnhof erkennbar. Aufgrund seiner Beinamputationen saß Zangs im Rollstuhl, seine Gefährtin hat sich auf dem Bild so platziert, dass ihre Beine als Fortsetzung seines Körpers erscheinen. „Er hat immer gearbeitet und seine Kraft war erstaunlich“ erinnert sich Kremser. Er hat die Künstlerin mit ihrer Kamera ganz nah herangelassen und so zeigt sie ihn auch auf seinem Bett sitzend und in seine Arbeit versunken.

Eine andere Facette wird in den Aufnahmen sichtbar, die Zangs bei der Vorstellung seines Buches „Sehen in Weiß“ in der Buchhandlung Plaeschke zeigen. Man sieht ihn als lebendige Persönlichkeit, die den Kontakt zu den Menschen sucht. Auch die Lebensgefährtin hat Kremser porträtiert. Mit langen grauen Haaren gestikulierend sitzt sie auf einem Stuhl, auch hier wird eine starke Persönlichkeit spürbar. Zu den Fotografien hat Kremser einzelne Passagen aus Zangs’ Buch dazugestellt, darunter ein verblüffend positives Fazit: „Ich habe glücklich gelebt.“

In die Welt eines herrlich altmodischen Friseursalons taucht der Besucher in den oberen Ausstellungsräumen ein. Das über vierzig Jahre alte Geschäft befindet sich in Worpswede, wo sich Kremser seit vielen Jahren regelmäßig aufhält. Bereit 1998 lernte sie den Laden und seinen Inhaber kennen. Willi Seidel ist Friseurmeister und zugleich Bürgermeister des Ortes. Seinen Salon betreibt er seit 1971 und seitdem scheint die Zeit darin stehengeblieben zu sein. Unglaubliche Stillleben sind dort zu sehen, von der altmodischen Friseureinrichtung über zahlreiche Haarpflegeartikel bis hin zu Kunst-und Theaterplakaten.

Seidel liebt die Kunst und mancher Künstler hat seinen Haarschnitt mit einem kleinen Werk bezahlt. Zweimal (1998/99 und 2011/12) hat Kremser den Laden und seinen Inhaber fotografiert. Älter geworden ist nur der Mensch, das andere ist geblieben. Mit ihrer Kamera erzählt die Künstlerin viele kleine Geschichten, die sie mit Textpassagen ergänzt. Diese stammen aus vielen persönlichen Gesprächen, die sie mit Seidel geführt hat. „Ein Stück Worpswede steckt überall im Salon“ ist eine dieser knapp formulierten Aussagen. Für Kremser selbst ist auch der dokumentarische Aspekt wichtig. „Irgendwann gibt es das alles nicht mehr, darum muss man es festhalten.“