Liebe, Tod und ungestillte Sehnsucht
Robert Norths neuer Ballettabend „Lachen und Weinen“ wird vor allem von der großartigen Musik getragen.
Krefeld. Lachen und Weinen: Wenn es um die Liebe geht, liegen diese gegensätzlichen Empfindungen oft nah beieinander. Franz Schubert hat darüber ein zauberhaftes Lied geschrieben, das auch dem neuen Ballettabend von Robert North seinen Namen gegeben hat. Am Samstag war die Uraufführung im Theater.
Mit drei ganz unterschiedlichen Choreographien spannt der Ballettchef den Bogen noch weiter. Neben der Liebe geht es um den Tod, ungestillte Sehnsüchte und die empfindsame Künstlerseele. Es sind Themen der Romantik, in die dieser Abend entführt, wobei vor allem der Musik besonderes Gewicht zuteil wird.
Für das erste Stück „Erinnerung“ hat er Frédéric Chopin ausgewählt. Fünf Klavierstücke, darunter der berühmte Minutenwalzer und das Fantasie-Impromptu, bilden die Grundlage. Ein altes Paar geht gebeugt zu einer Bank. Es ist der Ort, wo die Liebe der beiden begonnen hat. Wie es nur im Theater möglich ist, werfen sie ihre Mäntel ab und tanzen als junges Paar die Stationen ihrer Liebe nach. Vom ersten Kennenlernen über eine Trennung und erneute Begegnung, aus der die große Liebe wird, liefern die von André Parfenov manchmal zu schnell gespielten Stücke den perfekten Rahmen. Die Eleganz und das Tänzerische der Musik finden in der neoklassischen Choreographie eine glänzende Entsprechung. Yasuko Mogi und Takashi Kondo bekommen viel Applaus.
Nach diesem leichtfüßigen Auftakt kommt das emotional eindrucksvollste Stück des Abends auf die Bühne. Zu Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ hat North bereits 1978 eine Choreographie geschaffen. Für die Neufassung hat er nur den zweiten Satz, „Andante con moto“, ausgewählt, einfühlsam interpretiert von Mitgliedern der Niederrheinischen Sinfoniker.
In einer dichten, unter die Haut gehenden Körpersprache erzählt North das Drama um Leben und Tod. Als zunächst verzweifeltes, dann sich in sein Schicksal fügendes Mädchen überzeugt Elisa Rossignoli neben Abine Leao Ka, der dem Tod auch sanfte und verführerische Züge verleiht. Als lebensfrohe, dem Geschehen gegenüber machtlose Freundin des Mädchens setzt Victoria Hay besondere Akzente.
Der dritte und längste Teil des Abends beschwört unter dem Titel „Schubertiade“ die Atmosphäre der Hauskonzerte zu Schuberts Zeiten herauf. Dabei stehen seine Lieder, vor allem aus der „Winterreise“, im Mittelpunkt. Begleitet von Parfenov singt Bariton Rafael Bruck vom Schicksal des heimatlosen Wanderers, von enttäuschter Liebe und Todessehnsucht.
In einer stimmungsvollen Winterlandschaft (Ausstattung: Andrew Storer) treffen die Figuren eines Fremden (Alessandro Borghesani), seines Doppelgängers (Raphael Peter) und eines Mädchens (Elisa Rossignoli) aufeinander. Wieder verschmelzen Musik und Tanz zu einer wunderbaren Einheit. Das Schlusslied der Winterreise, der zutiefst traurige, geheimnisvolle „Leiermann“, bildet den elegischen Ausklang. Begeisterter Applaus für einen Abend, der trotz tänzerischer Finessen von der großartigen Musik getragen wird.
Weitere Termine: 19., 26. April, 15., 23. Mai sowie Juni/Juli. Karten: Telefon 805 125