Maler Peter Angermann: Risse in der heilen Bärenwelt
50 Arbeiten des Beuys-Schülers Peter Angermann im Haus Lange. Sie stehen für ein Künstlerleben voller Widersprüche.
Krefeld. Was würden wohl die Bären dazu sagen? In ihrer Höhle, der heilen Familienwelt, die Peter Angermann ihnen dutzendfach gemalt hat, bekommen sie ja nichts davon mit, was sonst in der Welt des Beuys-Schülers passiert. Da spritzt das Blut von Kriegsopfern fast bis aufs heimische Fernsehsofa oder die ganze Welt versinkt in einem tödlichen Strudel. Bei den Bären hingegen herrscht Frieden, das Lagerfeuer knistert, und die Abendsonne funkelt rot.
Angermanns Arbeiten, die ab morgen in einer kleinen Retrospektive im Museum Haus Lange zu sehen sind, lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Das lange Künstlerleben des 1945 geborenen Franken hat viele Facetten, die nebeneinander bestehen müssen, auch in der Ausstellung. Angermann, der Gesellschaftssatiriker, der Landschaftsmaler, der Surrealist. Und dann ist da noch die Sache mit den Bären.
1976 hat Angermann sein erstes Bärenbild gemalt, etwa 60 sind es bis heute. Es sind Idyllen aus einem glücklichen Familienleben, die sich dermaßen ungeniert am Kitsch weiden, dass man sie eher in einem Souvenirshop vermuten würde als im Museum. „Mir war klar, dass das Kunstpublikum davon Gänsehaut bekommt“, sagt Angermann, selbst Vater von vier Kindern. „Aber wenn einem das Herz überläuft, was kann daran Kitsch sein?“ Aller übertriebenen Süßlichkeit zum Trotz beharrt er darauf, die Bilder seien „kein bisschen ironisch“. Eine bewusste Provokation sind sie dennoch.
Das erklärt sich wohl aus Angermanns Vita. Er war einer von Beuys’ Lieblingsschülern — bis ihm all die fruchtlose Harmonie zum Hals herauskam. „Ich habe den Konflikt gesucht und gefunden“, sagt er heute. Doch nach dem Abschluss an der Düsseldorfer Kunstakademie fühlte er sich leer und überlegte ernsthaft, Physiker zu werden. Erst 1973 brach die Kunst explosionsartig wieder aus ihm heraus, in Form von über 100 Filzstiftzeichnungen.
Bald danach begann Angermann mit seinen beißend politischen Arbeiten, die heute in ihrer karikaturhaften Eindeutigkeit etwas aus der Zeit gefallen scheinen. So lässt er im „Elsternbild“ (1974) den Kapitalismus inklusive Dagobert Duck in einer stinkenden Brühe versinken, in „Hinten, fern . . .“ (2008) setzt er eine glotzende Familie samt Fernbedienung und Knabberkram in eine Szenerie aus dem Irakkrieg.
Krasse Darstellungen wie diese lässt Museumsdirektor Martin Hentschel unweit friedlicher Landschaftsbilder wirken, in denen sich allerdings auf den zweiten Blick auch absurde Elemente oder beunruhigende Gemeinheiten verstecken. Natur malt Angermann übrigens in der Natur, eigentlich „ein verpöntes Volkshochschul-Ding“, so Hentschel. Doch was die Kunstwelt dazu sagt, dürfte Angermann und seinen Bären herzlich egal sein.
Zur Ausstellung sind ein prächtiger Katalog (32 Euro) und eine Edition (50er-Auflage, 350 Euro) erschienen.