Move! - Kein Wald vor lauter Bäumen
Krefeld. Der Wald ist eine geheimnisvolle Welt für sich — ein schönes Thema für ein Tanzstück. Doch die „Wald Variationen“ des Choreografen-Duos Avi Kaiser und Sergio Antonino, die bei „Move!
“ in der Fabrik Heeder zu erleben waren, wirken abstrakt und spröde.
Aufhebung von Grenzen ist der Ausgangspunkt. Im hohen Raum der Studiobühne sind die Stuhlreihen komplett entfernt, die Zuschauer sitzen auf Stühlen und lassen ein rechteckiges Feld als Bühne frei. Bereits im Foyer bewegen sich die Akteure (Mareike Franz, Sergio Antonino, Avi Kaiser, Lihitou Kamiya und Edoardo Ramojno) unauffällig zwischen den Besuchern. Ihre Alltagskleidung tarnt sie zusätzlich, nur wer genau hinsieht, merkt, dass sie keine Schuhe tragen.
Während ein Teil der Zuschauer bereits im Saal Platz genommen hat, beginnen sie, im Vorraum zu tanzen. Dann wird die am Boden liegende Tänzerin in den Saal gezogen, kurz in der Mitte abgelegt, dann quer durch den Raum weitergezogen. Sie erhebt sich und beginnt, mit den anderen vier zu tanzen.
Die Bewegungen sind schnell und abgehackt, die Arme greifen oft in die Luft, die Körper drehen sich heftig. Es ist ein eindrucksvoll ausgeführter Tanz von athletischem Charakter, kraftvoll und manchmal akrobatisch. Doch die Körpersprache bleibt weitgehend abstrakt und rätselhaft. Immer wieder loten die Akteure die Grenzen des Raums aus, verlassen das von den Zuschauern begrenzte Feld. Sie tasten sich an den Wänden entlang, manchmal kopfüber. Ein Tänzer schwingt sich an Bändern durch die Luft.
Mit dem Wald verbindet man das nicht unbedingt. Dass eine entsprechende Atmosphäre doch ab und an aufblitzt, liegt an den musikalischen Passagen und einer Geräuschkulisse vom Band. Es knackt und raschelt. Die Tänzer zitieren immer wieder das Kinderlied „Ein Männlein steht im Walde“. Mit altprovenzalischen Liedern setzt Sopranistin Janin Roeder intensive Akzente. Ihr mal meditativer, mal expressiver Gesang untermalt die Choreografie ebenso vielseitig wie das Flötenspiel von Myriam Graulus.
So ist man 70 Minuten lang einer Vielfalt von Eindrücken ausgesetzt. Am Ende hat man das Gefühl, vor lauter Bäumen den Wald nicht erkannt zu haben.
Das Festival „Move!“ endet mit „Rotlicht“ von Henrietta Horn (morgen, 20 Uhr, Fabrik Heeder) und dem Kinderstück „Der Seelenvogel“ (Freitag, 10 und 15.30 Uhr, Fabrik Heeder).