Orgel-Serie: Romantik trifft auf Rechenleistung
Im Inneren der Klais-Orgel verbirgt sich ein moderner Computer. Rund 10.000 Registrierungen lassen sich speichern.
Krefeld. Neun Meter in der Höhe, sechs in der Breite, acht in der Tiefe und ein Gewicht von zwölf Tonnen: Das sind die beeindruckenden Maße der Klais-Orgel in der Dionysiuskirche. Ihre klangliche Stimmung ist romantisch, ihr Alter hingegen jugendlich. Sie wurde vor sieben Jahren vom Bonner Orgelbauer Klais entworfen. Zweieinhalb Jahre hat die Firma alle Einzelteile gefertigt und dann zu einer Klangschönheit zusammengefügt — in enger Zusammenarbeit mit Andreas Cavelius, der seit 1987 in Krefeld tätig ist und 2001 Regionalkantor wurde.
„Ich wusste seit langer Zeit, dass wir eine neue Orgel brauchen“, sagt Cavelius. „So konnte ich mich gründlich darauf vorbereiten.“ Nachdem der Entschluss gefasst war, ein neues Instrument zu kaufen, konnte Cavelius ein Konzept entwickeln, Kostenvoranschläge einholen und den ganzen Prozess begleiten. Dabei kommt dem Musikwissenschaftler zugute, dass er auch von Holz eine Menge versteht. Handwerkliche und musikalische Aspekte der Orgel sind ihm vertraut.
„Sämtliche Kosten wurden von der Gemeinde gestemmt“, sagt Cavelius. Vom Bistum wurde nichts dazubezahlt, auch Kirchensteuergelder durften nicht eingesetzt werden. Der Kantor hat sich — natürlich in Absprache mit dem Kirchenvorstand — einen romantischen Ton für die Orgel gewünscht und ihn bekommen. Außerdem sollte die Orgel den Anforderungen der täglichen Eucharistiefeier, der Liturgie einer Stadtkirche, der Chorbegleitung und dem konzertanten Angebot von St. Dionysius entsprechen. „Es ist ganz wichtig, dass die Orgel in das vielseitige Konzept unserer Gemeinde passt“, sagt Cavelius.
Passen muss die „Königin der Instrumente“ nicht nur räumlich auf die Empore, sondern auch klanglich und optisch in den Raum. Cavelius bewahrt in einem der beiden Schränke neben den Manualen die Entwurfszeichnungen auf: Jedes Detail ist genau festgelegt. Denn von Tasten oder Pedalen muss die gespielte Note auf das entsprechende Register übertragen werden. Feinste Hölzer, elegante Gelenke, Pfeifen mit einer Legierung nach geheimer Mischung wurden zu einem Gesamtkunstwerk zusammengestellt.
Der Einbau der Klais-Orgel warf auch statische Fragen auf: Kann die Last von zwölf Tonnen auf der Empore ruhen? Nein, kann sie nicht. Also hat man das Gewicht mittels Trägern in den Turm und auf die Turmwand verlagert; auf der Empore ruhen nur Spieltisch und Schränke. In der größten Pfeife könnte ein erwachsener Mann locker stehen.
Für den Prospekt haben die Orgelbauer Elemente und Formen aus dem Kirchenraum aufgenommen. Die Einfärbung des Eichenholzes orientiert sich am Holz im Kirchenraum. Dafür hat der Glaskünstler Hubert Spierling die Vorschläge gemacht. Er hatte die Fenster mit Bezug zu den vorhandenen Farben entworfen — sie kehren nun noch einmal in der Orgel wieder.
Dieses Instrument ist das jüngste in der WZ-Serie über Krefelder Orgeln. Es ist hochmodern und verfügt über ein elektronisches Setzersystem. Die Orgel besitzt einen Computer, der das Speichern von 10.000 Registrierungen ermöglicht.
Die Register machen das Instrument zur „Königin“, wie Mozart formulierte. Denn mit ihnen kann der Organist jedes andere Instrument in seinem Klang nachahmen. Regionalkantor Andreas Cavelius ist in den vergangenen sieben Jahren auf zahlreiche Registrierungen gekommen. Das ist arbeitsintensiv: Soll der Hörer an Flöten denken oder an Hörner, mit schweren Bässen schwingen oder heiteren Zimbeln? Die Registrierungen können durchaus wieder verändert werden: „Manchmal bin ich mit meiner Interpretation ganz einverstanden, und manchmal registriere ich ein Stück auch neu“, sagt Andreas Cavelius.
Der Computer macht es auch möglich, dass Gäste ihre klanglichen Vorstellungen auf einem USB-Stick mitbringen können. Viele Organisten, zahlreiche von anderen Klais-Orgeln, kommen gerne nach Dionysius: Regionalkantor Cavelius hat in den vergangenen Jahren viele Zyklen aufgelegt, die sehr erfolgreich waren. Für die kommende Saison plant er eine Reihe mit Gästen aus aller Welt.