Orgelkonzert in der Lutherkirche: Kleine Reise durch Europa
Die Orgelmusik zum ersten Weihnachtstag von Karl-Heinz Schüffler lockt viele Zuhörer in die Lutherkirche.
Krefeld. Zur weihnachtlichen Stimmung gehört für manche Musikliebhaber auch an den Feiertagen ein Konzertbesuch. So konnte Karl-Heinz Schüffler am ersten Weihnachtsfeiertag ein großes Publikum in der Lutherkirche „für eine schöne Stunde außerhalb des Wohnzimmers begrüßen“. Passend zur romantischen Walcker-Orgel hatte Schüffler ein Programm zusammengestellt, das Weihnachtslieder bot — zum einen künstlerisch von Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts, zum anderen ganz bodenständig zum Mitsingen.
„Es kam mir darauf an, einerseits die wertvolle Vielfalt zu präsentieren und andererseits meinen privaten Schwerpunkt, die französische Romantik“, erklärt Schüffler. „Und es sollte kein Konzert sein, um das Können des Organisten zu zeigen, kein akademisches Konzert, sondern etwas für jedermanns Geschmack“.
Jean Titelouze, ein Großmeister der Renaissance, lieferte mit seinem Hymnus „Ave stella maris“ das Präludium. Léon Boëllmanns (1862 — 1897) komponierte sein „Offertoire sur des noëls“ als Musik, die während des Einsammelns der Kollekte zu spielen war. Doch Schüffler beruhigte das Publikum, dass die oftmals langen Offertoires in diesem Fall nicht zum Spenden gedacht seien, eine Kollekte am Ausgang würde reichen.
Das Konzert wurde, trotz eines streng weihnachtlich roten Fadens, noch zu einer kleinen Reise durch Europa: Bretonische Weihnachtslieder von Jean Langlais (1907 — 1991) und ein weihnachtliches Wiegenlied aus Ungarn von László Bojtár (1926 — 1995) gehörten dazu. Ingeborg Clemens las kleine Texte zur Weihnachtszeit von Selma Lagerlöf, Clarissa Pinkola Estès und Joseph von Eichendorff.
Dieses abwechslungsreiche Programm motivierte auch das russische Ehepaar Anna und Oleg Zdan zu einem Besuch. „Unsere Kinder hören zwar täglich Musik, aber nicht Orgel“, erzählt der Vater. Da sollten die beiden bereits klavierspielenden Töchter Dana (acht Jahre) und Ada (fünf Jahre) auch wieder einmal dieses Instrument erleben. Konzertbesuche gehören in der Familie zum Alltag.
Eine besondere Situation ist für sie das Weihnachtsfest. „Das russisch-orthodoxe Weihnachten wird etwas anders gefeiert, aber es gibt keine dramatischen Unterschiede“, schildert der Vater und berichtet, dass rund siebzig Jahre lang in Russland das Weihnachtsfest nur im engen Kreis der Familie gefeiert wurde. „Das ist auch für uns ein Grund, die Kinder hier an die Tradition heranzuführen. Es ist schön, dass es ein Familienfest ist“, sagt die Mutter und fügt mit einem Hauch von Wehmut hinzu, dass sie hier mit ihren beiden Töchtern schon die „ganze“ Familie sind.