Premiere „Hochzeit des Figaro“: Moderne Technik in der Oper
Die „Hochzeit des Figaro“ ist mehr als 200 Jahre alt — und ist in Krefeld trotzdem frisch und kurzweilig.
Krefeld. Mozartkugeln purzeln herab und der Komponist rollt schelmisch mit den Augen. Die quirligen Allegrobewegungen der Ouvertüre finden dank Videotechnik eine optische Entsprechung. So spritzig und frech beginnt die Premiere der „ Hochzeit des Figaro“, die im Krefelder Theater minutenlang bejubelt wurde.
Dass man die musikalische Komödie um menschliche Leidenschaften und Schwächen nach mehr als 200 Jahren als so frisch und kurzweilig erlebt, ist vor allem der intelligenten Regie zu verdanken. Kobie van Rensburg setzt auf die Finessen moderner Technik, um die schwindelerregende Mechanik des Stücks sichtbar zu machen. Dafür werden die gesungenen Texte direkt im Bühnenbild sichtbar; dieses besteht aus wenigen beweglichen Wänden, die als Projektionsflächen für die schnellen Szenenwechsel genutzt werden.
Mal erzeugt eine elegante Tapete Saloncharakter, mal geben Äste und Blätter einen Garten vor. Ein Grundmotiv der Handlung, der ständige Wechsel zwischen Schein und Sein, findet so optisch eine Entsprechung. Die geschmackvollen Bilder setzen sich in den schönen Kostümen fort, die zeitlich die 1920er Jahre aufgreifen. Kein fernes Rokoko, aber doch eine Zeit, in der zwischen Herr und Diener klar unterschieden wurde.
Eine Fülle witziger Details sorgt immer wieder für Unterhaltung. So begibt sich Bartolo mit Marcellina auf eine rasante Autofahrt, während der Graf in seiner Wut mit seinem Tennisschläger einen riesigen Käfer erschlägt. Die Technik wird nie zum Selbstzweck, sondern unterstützt und beflügelt die rasante Handlung. Die direkt lesbaren Texte fordern zwar den Zuschauer in seiner Konzentration, aber zugleich kann er sich über die freche deutsche Übersetzung amüsieren. Als „Tussi“ und „Zicke“ beschimpfen sich die vermeintlichen Rivalinnen Susanna und Marcellina und der intrigante Basilio wird als „Arschgeige“ tituliert.
Ein besonderer Stellenwert kommt den Rezitativen zu, die dank der Cembalo-Begleitung durch Michael Preiser wie lebendige Dialoge wirken. Zur engen Verzahnung von Musik und Text tragen auch die Niederrheinischen Sinfoniker bei, die unter ihrem ersten Kapellmeister Alexander Steinitz Temperament und Strahlkraft der Musik hörbar machen. Das hohe musikalische Niveau der Aufführung setzt sich in einem glänzend aufgelegten Ensemble fort.
Die Riege der wunderbaren Hauptakteure Andrew Nolen (Figaro), Sophie Witte (Susanna), Thomas Scharfenberger (Graf), Izabela Matula (Gräfin) und Susanne Seefing (Cherubino) setzt sich in den Nebenrollen mit Deborah Hays (Marcellina), Matthias Wippich (Bartolo) und Markus Heinrich (Basilio) fort. Liebenswerte Akzente setzen Gabriela Kuhn (Barbarina), Walter Planté (Don Curzio) und Thomas Peter (Antonio). Eine Mozartoper als erfrischender Augen- und Ohrenschmaus — das sollte man sich nicht entgehen lassen!