Schätze im Textilmuseum gefunden
Der Experte Walter Bruno Brix betreut den zweiten Teil des Projektes „Ans Licht!“. Gewand eines chinesischen Kaisers gefunden.
Das Förderprojekt „Ans Licht!“ der Sparkassenkulturstiftung geht in die zweite Runde: Der Kölner Experte Walter Bruno Brix befasst sich mit ostasiatischen Textilien aus dem Bestand des Deutschen Textilmuseums (DTM). Zur Erinnerung: In fünf Abschnitten fördert die Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld die Forschung im Haus am Andreasmarkt. „Mit dem Förderprogramm ‚Ans Licht’ werden Kostbarkeiten hervorgeholt, die identitätsstiftend sind“, betonte Lothar Birnbrich von der Sparkassenkulturstiftung. Ihm ist auch der historische Aspekt wichtig, denn „Zukunft braucht Herkunft“.
Mit dieser Förderung werde das Juwel DTM in den Vordergrund gestellt. Und, so ergänzte der Banker erfreut: „Ich lerne immer etwas dazu.“ Für die Auseinandersetzung mit den ostasiatischen Textilien hatten Leiterin Annette Schieck und Projektmitarbeiter Walter Bruno Brix einige Stücke bereitgelegt. „Es sind wirklich Schätze ohne Ende, die ich hier gefunden habe“, sagte Brix begeistert. Auf stoffbezogenen Tablaren liegen Fragmente eines chinesischen Gewandes, das mal für einen Kaiser angefertigt wurde. Oder der Abschnitt eines japanischen No-Gewandes. Beides mit kostbarem Gold durchwirkt — Herrschaft manifestierte sich auch in Ostasien in feinster Handwerkskunst.
Walter Bruno Brix ist den Besuchern des Textilmuseums durch seine Arbeit mit den hiesigen Gewändern der Samurai bekannt (2015). Nun hat er die Studien zu ostasiatischen Textilien aufgenommen; seine reiche Kenntnis der Historie und Herkunft dieser Stücke kommt ihm zugute. Er kann bei der Fülle der vorhandenen Textilien aus dem Raum Japan, China, Korea und Mongolei Parallelen ziehen und Vergleiche anstellen. „Mit der Förderung der Sparkassenkulturstiftung können wir Experten hinzuziehen, die wir uns sonst nicht leisten könnten“, sagte Museumsleiterin Annette Schieck. „Die neuen Erkenntnisse haben nationale und sogar internationale Außenwirkungen“, sagte sie weiter.
Das wird sicher auch bei diesem Thema der Fall sein. Man ging bei dem Projektantrag von etwa 800 Stücken aus Ostasien aus. Aber Walter Bruno Brix, der gleich nach dem Okay für dieses Projekt in das Archiv des DTM abtauchte, hat mehr als 2000 Verzeichnungen gefunden. Und manche Nummer umfasst dann gleich acht, zehn oder zwölf Stücke. Zum Beispiel das Gewand des chinesischen Kaisers aus dem 18. Jahrhundert. Es ist der Herrscherfamilie eindeutig zuzuordnen. Das verrät schon die Grundfarbe Gelb. Die vorhergegangene Ming-Dynastie, bis 1855, verwendete Rot — somit ist die Herkunft klar.
Auch die vorgeschriebenen zwölf Elemente für den höchsten Adel sind auf diesem Stück zu finden. Zum Beispiel gehört der weiße Hase dazu, der das Elixier der Unsterblichkeit zerstampft. „Bei den Ostasiaten gibt es keinen Mann im Mond“, weiß Brix, „dort ist es ein Hase.“ Für alle weiteren kaiserlichen gewebten Elemente der Qing-Dynastie existieren genaue Vorschriften zu Inhalt und Positionierung — Brix hat sie alle auf diesem Stoff gefunden. Der dem Betrachter zugewandte Drache auf diesem kostbaren Stück hat fünf Krallen — so ein Gewebe durften nur der Kaiser, seine Kaiserin und seine Mutter tragen.
Bei einem Staatsgeschenk an das japanische Herrscherhaus hatte der Drache bloß drei Krallen — eine Frage der Wertschätzung. Walter Bruno Brix weiß auch genau, wie der goldene Faden in das Gewebe kam. „Dafür wurde Papier vergoldet und in feine Streifen geschnitten, die dann um Seidenfäden gewickelt wurden“, beschrieb er die ausgefeilte Technik. Die Hersteller dieser Arbeiten ließen sich sogar ihre Fingernägel wachsen und feilen, damit sie die Goldfäden einarbeiten konnten: Die Schlitzweberei jener Zeit hieß auch Fingernagelweberei. Nicht nur für dieses Stück aus dem Museum gilt: „Jedes Muster kann man lesen“, sagte Brix, „man muss es nur verstehen.“ Zum Beispiel bei einem quadratischen Stück mit violetten Karrees und einem Medaillon. Es sind zwei Vögel, die zusammen einen Kreis bilden und für Yin und Yang stehen.
Brix kann schon jetzt viele Geschichten erzählen — und dabei steht er erst am Anfang des zweiten Projektabschnitts. „Ich werde jetzt eine riesige Liste mit allen Informationen erstellen“, sagte er, „das ist wie die grundsätzliche Arbeit für einen Bestandskatalog.“ Also: Größe, Material- und Webart, Herkunft, Ankauf und so weiter. „Wir wollen jetzt die Richtung entwickeln“, sagte Annette Schieck, denn eine Ausstellung sämtlicher Stücke aus Ostasien ist nicht möglich. Eine thematische Auswahl soll festgelegt werden. Und man strebt eine Expertenrunde mit Forschern aus aller Welt an: „Wir brüten und diskutieren über die Schätze des DTM“, sagte Brix.
Am Ende steht dann eine Publikation; auch deren Form und Konzeption wird jetzt geplant. „Wir stellen uns viele Fragen,“ sagte Brix begeistert.