Stadtarchäologe findet Hinweise auf Siegesdenkmäler

Einst kämpften Bataver und Römer in Gelduba gegeneinander. Die Stelle, an der die Feinde umkehrten und flüchteten, wurde damals mit Symbolen markiert. Diese sollen jetzt in Krefeld aufgetaucht sein.

Foto: Presseamt Stadt Krefeld

Blutig, kräftezehrend und brutal — so beschreibt der römische Historiker Tacitus (58 bis 120) in seinen „Historien“ den Kampf zwischen den germanischen Batavern und den Römern in Gelduba (Anmerkung der Redaktion: ein römischer Garnisonsplatz am niedergermanischen Limes. Das heutige Bodendenkmal liegt in Gellep-Stratum). „Die Folge war keine Schlacht, sondern ein Schlachten“, schreibt er. Nur durch einen Zufall gewannen die römischen Legionäre die Schlacht doch noch.

Foto: Presseamt Stadt Krefeld

Für diesen Sieg hat Stadtarchäologe Hans Peter Schletter nun Beweise: die Spuren zweier Trophaea — Siegesdenkmäler. Diese Entdeckung, in Form der beiden kultisch beigesetzten Helme, wird Schletter auf dem internationalen Unesco-Limes-Kongress im serbischen Belgrad Anfang September vorstellen.

Doch was sind diese Trophaea? Mit dem Tod Kaiser Neros im Jahr 68 nach Christus entbrannte eine heftige Auseinandersetzung um seine Nachfolge. Diese innere Unruhe im Römischen Reich nutzte der Stamm der Bataver aus dem Rheindeltagebiet und mit ihm verbündete germanische Stämme für eine Rebellion unter Führung von Julius Civilis. Er entstammte einer adligen Familie der germanischen Bataver. Völlig überraschend überfiel er an einem Novembertag mit seinem Heer die Römer — die spätere „Bataverschlacht“. „Das waren keine Germanen in zottligen Fellen, sondern gut ausgebildete und mit römischen Waffen bestückte Soldaten. Die Bataver bildeten die Leibgarde von Kaiser Nero, eine Art Navy Seals“, erklärt Schletter. Denn mit ihren Waffen und Fähigkeiten ergänzten die Bataver auf vielfältige Weise das Arsenal der Legionen und wurden so bevorzugte Helfer des Imperiums.

Die Römer bauten ein Trophaeum (Plural: Trophaea) an der Stelle auf, an der die Feinde sich vom Schlachtfeld abgewandt und die Flucht ergriffen hatten. Ein Sieges-Symbol, das aus Helm, Schild, Schwert oder Lanze und manchmal der Oberbekleidung des gegnerischen Kämpfers bestand und auf einem hölzernen Pfahl befestigt wurde. Sie drückte die Freude über den Sieg aus und sollte gleichzeitig die Gegner abschrecken. Meist weihten die Soldaten dieses Denkmal auf Zeit einer Gottheit. Diese Sitte erlebte im ersten Jahrhundert vor und nach Christus eine Hochphase. Auch auf Münzen sowie Reliefs finden sich derartige Darstellungen (siehe Bild unten). Während es in den Niederlanden und Großbritannien Hinweise auf ein Trophaeum gibt, konnte in Deutschland bislang keines nachgewiesen werden.

In Krefeld hat Stadtarchäologe Hans Peter Schletter nun mit den Helmen zwei entscheidende Indizien dafür gefunden. Tacitus beschreibt den Kampfverlauf bei Gelduba recht präzise, so dass die Archäologen das geschriebene Wort anhand dieser Funde nun belegen konnten. Anders als bei üblichen Marschlagern wurde das Lager der Legionäre aus Mainz, Bonn und Neuss nicht nur mit Wällen und Gräben umschlossen, sondern zumindest stellenweise mit hölzernen Türmen und Torbauten. Bei dem überraschenden Angriff konnten die Römer sich nicht so schnell in ihrer gewohnten Ordnung vor dem Lager aufstellen.

Die Bataver bedrängten sie so sehr, dass die Truppe den Befehl erhielt, sich wieder ins Lager zurückzuziehen. Dabei behinderten sie sich selbst, und den nachsetzenden batavischen Reitern gelang so die Einnahme der wichtigsten Tore. Tacitus‘ Schilderung deckt sich hier mit den archäologischen Funden. An dem am heftigsten umkämpften Tor fanden die Archäologen rund 90 Pferdeskelette aus der Schlacht. Dort wurde bereits 1988 einer der beiden Helme entdeckt. „Da ist das Tor von den Batavern berannt worden. Dort gibt es also einen guten Grund, ein Siegesmal aufzustellen“, sagt Schletter.

Römische Hilfstruppen wechselten während der Schlacht zu den Aufständischen, die dann innerhalb des Lagers die Römer niedermetzelten. Durch das Eintreffen einer Verstärkung wendete sich der Kampf und die Bataver flüchteten. Und an dieser Stelle im Marschlager entdeckte Schletter im vergangenen Jahr einen weiteren Helm.

Hans Peter Schletter, Stadtarchäologe

Dass die beiden Helme nicht zufällig im Schlachtgetümmel verloren gingen, dafür spricht die besondere und für Archäologen so wichtige und in diesem Fall fast identische Fundsituation: Sehr ordentlich wurden beide Helme mit ihrem Oberteil nach unten in den Boden eingelassen. Ihre Wangenteile — wie die Helme aus Stahl — wurden abmontiert, säuberlich gefaltet und in den Helmen abgelegt. „Das muss ich wollen. Das ist kein Zufall“, betont Schletter. Die nahe gelegenen Fundorte markieren den Abschluss des Schlachtfeldes und damit jeweils einen Trophaeum-Standort.

Schletter geht davon aus, dass die Trophaea mit dem Abzug der Truppen Ende 69 nach Neuss abgetragen, die Helme an ihren Standorten vergraben und damit den Göttern endgültig übergeben wurden. „Diese Fundsituation spricht für eine kultische Deponierung“, sagt der Archäologe. Nach fast 2000 Jahren im Boden sah der 2017 gefundene Helm nur nach einem Rostklumpen aus. Museumsrestauratorin Eileen Wolff hat ihn in vielen Stunden und mit Präzisionsarbeit gesichert und Details wieder sichtbar gemacht. Bei beiden Helmen handelt es sich um den sogenannten Typ Mainz-Weisenau, der an diesem Ort im Rhein zum ersten Mal gefunden wurde.

Die römischen Soldaten trugen ihn im ersten und zweiten Jahrhundert als Standardmodell, auch die Bataver im römischen Dienst. Trotz der massenhaften Produktion handelt es sich stets um Unikate. „Das sind römische Hightech-Produkte“, sagt Schletter. Und die ließen Römer oder ihre Gegner nicht auf den Schlachtfeldern zurück. Sie plünderten diese gründlich nach Waffen oder Metall zur Wiederverwertung. Noch ein Grund mehr, davon auszugehen, dass die in Krefeld beigesetzten Helme absichtlich und mit einem kultischen Hintergrund vergraben wurden. Außerdem konnte Schletter andere Zusammenhänge zum römischen Lagerdorf und dessen Gräberfeld ausschließen. Der Krefelder Archäologe hat seine Untersuchung zwar noch nicht abgeschlossen. Die bis jetzt zusammengetragenen Indizien sprechen aber dafür, dass er zwei Trophaea-Standorte entdeckt hat.

Das zerstörte Lager in Gelduba wurde nach der Schlacht wieder aufgebaut. Doch von der Niederlage erholten sich die aufständischen Bataver nicht mehr. Im folgenden Jahr wurden sie bei Xanten endgültig besiegt. Red