Theater in der Fabrik Heeder: Es ist Zeit, sich aufzuregen
Das „Variet der Empörung“ feiert in der Fabrik Heeder eine beeindruckende Premiere.
Krefeld. Lydia ist die Hauptperson im „Variet der Empörung“. Sie wird in der Schule gehänselt, weil sie dick ist. Sie macht ein Praktikum, weil ihr Vater es will. Am Ende stirbt sie bei dem Versuch, den Mund aufzumachen und ihre Empörung zu äußern.
Das von Dirk Schwantes inszenierte Stück feierte am Samstag in der Fabrik Heeder Premiere. Der Jugendclub des städtischen Theaters präsentiert damit eine freche Eigenproduktion.
Anders als Lydia lassen die restlichen Mitglieder des Varietés ihrer Wut freien Lauf. In den szenischen Darstellungen der Empörung prangern sie die Ausbeutung der armen Länder an, hetzen gegen miese Arbeitgeber und verstehen es, ihr Publikum zu unterhalten und vor den Kopf zu stoßen. Dabei werden gekonnt Formen und Mittel der Empörung ausgelotet. Anne Küper, selbst fünf Jahre mit dem Jugendclub auf der Bühne, hat die Texte mit den 17 Darstellern erarbeitet.
Das Publikum bleibt nicht außen vor, sondern wird geschickt einbezogen. Zur Einleitung einer Szene werden Törtchen verteilt. Kurz darauf rechnet eine Artistin vor, wie viele Kinder täglich an Hunger sterben. Sie redet sich in Rage, der Vorhang fällt und der Rest des Varietés beginnt plötzlich, zu lautstarker Musik zu tanzen. Die Fakten über die Hungersnot gehen im Partylärm unter, werden aus dem Bewusstsein gepustet. Die Törtchen schmecken jetzt nur noch halb so gut.
Auch ein lokales Ereignis wird hinterfragt. Die Empörung gilt der Modekette Primark, die Ende nächsten Jahres im neuen Ostwall-Carree eine Filiale eröffnet. Dem irischen Unternehmen wird vorgeworfen, katastrophale Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu billigen.
Am Ende bleibt ein fader Beigeschmack. Bin ich auch so zurückhaltend wie Lydia? Nehme ich Dinge, die mich aufregen sollten, einfach so hin?
Weitere Aufführungen: am 17., 18., 19. und 20. Juli in der Studiobühne 1 der Fabrik Heeder, Virchowstraße 130, jeweils ab 20 Uhr. Karten unter Telefon 80 51 25.