„Krefeld, das Bandoneon und der Tango“: Die rheinische Tonlage macht es

Gesprächsrunde: Experten erklärten, warum das Bandoneon gerade für den Tango so wichtig geworden ist.

Krefeld. Tango in der Kirche? Zumindest theoretisch und sehr unterhaltsam wie hintergründig wurde er in der Mennonitenkirche geboten. Im Rahmen des Kulturfestes gab es eine Gesprächsrunde zu „Krefeld, das Bandoneon und der Tango“.

Ernst blickt von einem großen historischen Porträtfoto Heinrich Band (1821 - 1860) auf die Besucher, die sich in die Geschichte und Gegenwart des Bandoneons einführen lassen wollen.

Die Moderatorin Helene Pawlitzki hat drei Profis des legendären Instruments in ihrer Talkrunde: Dr. Janine Krüger, Musikwissenschaftlerin aus Arnheim, die ihre Doktorarbeit über den Tango geschrieben hat, Carsten Heveling aus Wuppertal, der sich auf die Restaurierung des Bandoneons spezialisiert hat und Tango-Veranstaltungen organisiert sowie Klaus Schmidt-Hertzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Krefelder Kulturbüros, der die Ausstellung im Museum Linn rund um Heinrich Band und sein Instrument mitgestaltet hat.

Die groben Verbindungen zwischen Krefeld, dem Musikalienhändler und dem Tango sind vertraut, doch weshalb es gerade in Argentinien zu dieser musikalischen Entwicklung kommt, ist ein spannender Aspekt der Sozialgeschichte, den die Musikwissenschaftlerin erläutert: „Heerscharen von Einwanderern kamen nach Argentinien. Da es für sie kein Land gab, sammelten sie sich in den Slums, den Massenquartieren an den Stadträndern und dort keimte der Tango.“

Er wird zum Sprachrohr der Menschen, zum Ausdruck des Innenlebens. Kummer und Schmerz, das Erfahren der Vergänglichkeit findet in der Tangomusik, aber auch in ihren spontanen Texten ihren Ausdruck.

Probleme werden auch in der argentinischen Folklore besungen, da bringt der Tango nichts Neues. Neu ist dagegen seine Mischung von musikalischen Einflüssen: Zu den argentinischen Klängen kommen Elemente vor allem aus der italienischen und spanischen Musik durch die entsprechenden Einwanderer. Viele Emotionen, viel Rhythmus — alles „Zutaten“ für den Tango.

„Aber die wichtigste Zutat ist das Bandoneon“, sagt der Restaurator, „ursprünglich nahm man Gitarre und Flöte, dann verdrängt das Bandoneon die Flöte“. Der Erfolg dieses Instruments ist ein „Mysterium“, meint Heveling, „es ist nicht zu erklären, weshalb die Kiste für den Tango so gut ist.“

Darauf hat Janine Krüger jedoch eine Antwort: „Es ist das atmende Geräusch, das es zum menschlichen Instrument macht.“ Daran sind nicht nur der Balg des Bandoneons und die Oktavtöne schuld sondern vor allem die „Rheinische Tonlage“. Die kennt jeder Bandoneonspieler in Argentinien — auch wenn er nicht weiß, was es mit dem Wort „rheinisch“ auf sich hat, aber er will ausschließlich diese Tonlage in seinem Instrument haben.