Theater Krefeld Verdi-Gala – eine Sternstunde für das Opernstudio
Krefeld · Bei der Operngala „Viva Verdi!“ am Theater stand die Musik des Italieners im Mittelpunkt. Neben dem Ensemble beeindruckten auch die Nachwuchssänger.
Um die Werke von Giuseppe Verdi zu würdigen, braucht es gar kein Jubiläum – diesem Ausspruch des Generalintendanten des Theaters Krefeld und Mönchengladbach kann man unumwunden beipflichten. Es braucht keinen Anlass, um die Musik des italienischen Opernkomponisten zu feiern. Schon gar nicht ihr eine ganze Operngala zu widmen, so wie es nun das Theater Krefeld tat, denn Verdis Musik sorgt bei sehr vielen Opernbesuchern zurecht stets für große Begeisterung und seine Musik ist von zeitloser Qualität. Nun, es schadet natürlich nicht, wenn just im Musiktheaterprogramm des Hauses beispielsweise gerade erst Rigoletto Premiere feierte und Nabucco auf dem Programm steht – es ist doch durchaus legitim, das Schöne mit dem Nützlichen oder Praktischen zu paaren.
Was aber Operngalas eigentlich so besonders macht, ist, dass sie dem Publikum die Möglichkeit geben, die Künstler eines Hauses mal ganz pur, ohne das große theatralische Drumherum, ohne Regie und Co. singen und ihre künstlerischen Qualitäten präsentieren zu sehen und zu hören. Was nicht heißen soll, dass die Gala im Theater Krefeld schmucklos und ohne Theaterzauber daherkam.
Im Hintergrund der hübsch dekorierten Bühne, auf der die Niederrheinischen Sinfoniker Platz genommen hatten, drapierte man großzügig einen roten Bühnenvorhang, der in der Mitte aufgerafft den Blick auf eine Projektionsfläche freigab auf dem effektvoll Porträts des Hauptprotagonisten dieses Abends, Verdi höchstpersönlich, in wechselnder Art zu sehen waren. „Festlich“ steht also nicht nur im Namen dieses Abends – und ist nicht nur eine Beschreibung der inneren Erwartungshaltung des Publikums –, sondern spiegelte sich auch in der Aufmachung.
Was aber diese Abende vornehmlich aufregend und spannend macht, ist, abseits der Möglichkeit an einem Abend gleich einen großen Strauß an Werken in kurzer Abfolge erleben zu können, sozusagen ein Best-of, die Gelegenheit auch Sänger am Hause näher kennen und schätzen zu lernen, die man vielleicht noch nicht auf dem Schirm hat. In unserem Falle Sängerinnen und Sänger des Opernstudios Niederrhein – das jungen Talenten am Haus Türen öffnet und Wege aufzeigt zur Entwicklung ihrer Sängerpersönlichkeit –, die an diesem gelungen stimmungsvollen Abend eine tragende Rolle hatten.
Die mit vielfarbigem Timbre – ein bisschen wie ein komplexes Parfum, das sich Schicht um Schicht entfaltet – singende Sopran Maya Blaustein, die charaktervolle Mezzo Boshana Milkov, konnten genauso mit schon großer ästhetischer Überzeugungskraft entzücken, wie ihre männlichen Kollegen, der mit Kultur singende Tenor Woongyi Lee und der sogar alleine auf der Bühne die Arie des Ford aus Falstaff zum Zünden bringende Bariton Guillem Batllori. Letzterer gesegnet mit einer vielversprechenden Musikalität. Woongyi Lee zudem erwies sich als würdiger Einspringer für den erkrankten David Esteban – großes Bravo!
Ob nun mit einem Quartett aus Rigoletto – definitiv der zauberhafteste Moment des Abends – oder als stimmige Partner von den bekannten und beliebten Solisten des Ensembles, die vier sind die Entdeckung des Abends, jeder und jede auf ihre Weise. Welch Glück für das Krefelder Haus – man kann sich nur wünschen, die jungen elanvollen Sänger immer wieder auf der Bühne erleben zu dürfen.
Doch natürlich gehörte dieser Abend auch dem Ensemble des Hauses, Namen und Stimmen, die emphatisch für das musikalische Profil des Theaters stehen. Besonders berühren konnte vor allem Sophie Witte, die wieder unter Beweis stellte, dass sie gerade in lyrischen Passagen eine wunderbar geführte zarte Stimme hat, die bitte nicht zu sehr ins Dramatische gedrängt werden sollte. Sie ist eine ideale Gilda aus Rigoletto. Eva Maria Günschmann zieht ihre Fans mit einer exaltierten Klanggestik mit, die sich auch rein physisch in Mimik und Bewegungen widerspiegelt; eine komplexere Sängerpersönlichkeit.
Stimmgewaltig mit absoluter Souveränität beeindruckte Johannes Schwärsky beispielsweise als Jago aus Otello oder in Rigoletto im Duett mit Witte. Verlässliche klangästhetische Kultur bringen seit Jahren auch Hayk Dèinyan und Kairschan Scholdybajew auf die Bühne.
Doch was wäre eine Operngala zu Ehren von Verdi ohne einen Opernchor – einstudiert von Maria Benyumova –, der natürlich auch den Gefangenenchor aus Nabucco zum Besten geben musste. Mit viel Stimmkraft – vielleicht wenn sie fallweise vorne seitlich dem Orchester aufgestellt waren, auch mal ein bisschen zu viel? – würzten die Chorsänger den sonst eher auf die Solisten fokussierten Abend mit großer Klangpalette.
All das wurde zusammengehalten durch das bestens aufgelegte Dirigat von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson, der den Niederrheinischen Sinfonikern eine schöne Italianità entlockte. Durchaus auffallend markante Kontraste gaben der orchestralen Begleitung die wünschenswerte Formung. Wie schön zu hören, dass die Sinfoniker, wenn man sie dazu ermutigt, entzückend zielgerichtet phrasieren und auch die süße Feinheit manches Pianissimos auskosten. Dabei zeigte sich durchweg, die aus bestem musikalischem Impuls erwachsende Sicherheit in der Tempo-Wahl, die natürlich und stimmig weniger Fragen aufwarf als schlicht unfraglich passend und unprätentiös zu wirken.
Ein schöner Abend, bei dem Intendant Michael Grosse geschmackvoll moderierte, schließlich Oberbürgermeister Frank Meyer die Blumen verteilte und man dem dankbaren Publikum nach einem launigen Schluss mit dem Finale aus Falstaff auch noch mit populären Zugaben den Abschied in den kalten Abend versüßte.