Villa Goecke: Aus Farben erschafft sie eine neue Bilderwelt
Die formal strengen Bilder von Vera Leutloff wecken eine Fülle von Assoziationen.
Krefeld. Auf den ersten Blick glaubt man, einen perfekten Druck zu sehen. So exakt und makellos sind die regelmäßigen Farbstrukturen auf den Bildern von Vera Leutloff.
Die in Düsseldorf lebende Künstlerin zeigt ihre neuen Arbeiten bei Ralph Kleinsimlinghaus in der Villa Goecke. "Absolue" ist der Titel der Ausstellung - damit ist die Quintessenz angesprochen. Malerei pur sind diese Bilder, die sich trotz ihrer formalen Strukturen einer konkreten Beschreibung entziehen.
Horizontale oder vertikale Streifen, sich überlagernde Kreise und Stangen spiegeln eine formale Gegenständlichkeit vor, die von der Farbe wieder in den Hintergrund gedrängt wird. Die exakt aufgetragenen Farbschichten grenzen sich einerseits messerscharf voneinander ab, bilden aber auch raffinierte Übergänge.
Die leichte Unschärfe, die den Wechsel von einem zum nächsten Farbton kennzeichnet, suggeriert Bewegung, ohne dass der Betrachter seinen Standort verändert. Aus dem Führen des Pinsels über die noch nassen Farbstreifen hinaus sind diese feinen Übergänge entstanden: ein Prozess, der viel Zufälliges beinhaltet, weil er nur bedingt kontrollierbar ist.
Bei den Kreisen und Stangen hat Leutloff mit Klebestreifen gearbeitet und die Leerstellen ausgemalt. Durch Überlagerungen entstehen Räume von großer Dichte und netzartiger Struktur. Die zuletzt abgelösten Klebestreifen bilden den Vordergrund eines Bildes. Die Künstlerin hat also aus der Tiefe Schicht um Schicht den Bildraum entstehen lassen.
Das Weiß unter den abgelösten Klebestreifen gibt den Bildern Struktur. Zugleich steht es im Kontrast zu den Farben, die die Essenz der Bilder sind. Dabei spielt die exakte Bezeichnung der Farbtöne eine wichtige Rolle. So besteht eines der zentralen Bilder der Ausstellung - mit dem quadratischen Format zwei mal zwei Meter das größte - nicht einfach aus blauen Kreisen. Indigo, Phthaloblau und Graublau lautet die genaue Bezeichnung, die im Titel genannt wird. Vandyckbraun, Kobaltviolett und Zinnobergrün sind die Farben, in denen sich überlagernde Stangen zeigen.
Leutloff sind die Nuancen der Schattierungen wichtig, fast unmerklich schult sie das Auge des Betrachters für die feinen Unterschiede zwischen Neapelgelb und Kadmiumgelb. "Moment" oder "Verlauf" sind wiederkehrende Titelbezeichnungen, die den prozesshaften Charakter der Bilder unterstreichen. Manchmal fügt sie einen Begriff wie "Sommerwiese" oder "Jagd" hinzu, der, auf die Farben bezogen, eine Fülle von Assoziationen ermöglicht.
Auch mit der der Erwähnung von William Turner verbindet wohl jeder individuelle Seherlebnisse. Bereits die horizontalen Strukturen lassen an Landschaften denken, das Flirren der Farben, die diffusen Übergänge erinnern ebenfalls an den berühmten englischen Maler. Exakte Farbbezeichnungen erübrigen sich hier, Turner allein beinhaltet genug.
Was Leutloffs Bilder so faszinierend macht, ist die Tatsache, dass sie aus den Grundelementen Struktur und Farbe eine völlig neue Bilderwelt kreiert, die das in den Mittelpunkt stellt, was große Kunst ausmacht: sichtbar gewordene Kreativität aus dem schöpferischen Prozess heraus.
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Bis 6. September, Besichtigung nach Vereinbarung.