Kunst Wenn Malerei auf Fotografie trifft
Künstler Peter Michael Hasse greift in der Galerie Meta Weber einen alten Disput auf.
Krefeld. Kann denn Fotografie Kunst sein? Als das Medium im 19. Jahrhundert erfunden wurde, stritten sich die Geister. Für die einen war das Fotografieren bloßes Handwerk, die anderen glaubten schon an den Kunstcharakter der neuen Bilder. Dritte sahen durch das Verfahren sogar den Untergang der gegenständlichen Malerei heraufziehen. Der Künstler Peter Michael Hasse greift mit seinen neuen Arbeiten den alten Disput ein wenig auf, viel mehr noch aber lässt er Malerei und Fotografie miteinander in einen Dialog treten. „Fotografie & Malerei“ nennt er seine Ausstellung in der Galerie Meta Weber.
„Inspiration“ heißt eine vierteilige Arbeit, die im wahren Wortsinn mit ihrem Titel überschrieben ist. Dabei hat Hasse das Wort in die Silben „In“, „spi“, „ra“ sowie „tion“ aufgeteilt und diese über die vier Tafeln als Überzeile verteilt. Die Wörter „Liebe“, „Natur“, „Raum“, „Klang“ — jeweils ein Wort hat Hasse auf je ein Bild gemalt — stehen gewissermaßen in der Unterzeile, als würden sie den Begriff Inspiration mit Inhalt füllen.
Zur programmatischen Äußerung wird die vierteilige Arbeit aber nicht allein durch die textliche Aussage, sondern vielmehr noch durch die zugrundeliegenden Fotografien. Hasse hat durch semitransparentes, stark aufgerautes Fensterglas von innen nach außen fotografiert. Nicht die Objekte jenseits der Scheibe werden damit zum Bildgegenstand, sondern ihre Brechungen durch das ungewöhnliche Glas. Und diese verfremden ihre ursprünglichen Gegenstände so stark, dass man ohne weitere Erläuterung glauben könnte, es mit abstrakter Malerei zu tun zu haben. Kann die Fotografie also „nur“ abbilden?
Hasse beantwortet diese mögliche Frage hier so einfach wie beeindruckend und schon allein auf der Bildebene der Fotografie. In seinen anderen Arbeiten treten Fotografie und Malerei auf zwei Arten in den Dialog. Entweder überlagert Hasse Fotografien mit Malerei, oder er fügt den Fotografien einen gemalten Teil — als Fläche abgegrenzt — hinzu.
Beispiele für die erste Technik bietet die Serie Samtweberei. Schwarzweißbilder von noch unsanierten Räumen aus der alten Samtweberei an der Lewerentzstraße liefern hier die Grundlage. Sie stellen Räume dar oder zeigen Wände, an denen der Putz bröckelt. Aufgesetzt hat Hasse hier gelbliche Schellackmalerei. Der transparente Schellack bildet mit den Fotos einen Zusammenklang. Da füllt etwa eine Gruppe von gesichtslosen Personen den Raum, eine Schale wird zum Auffanggefäß für eine Pflanzenranke, eine Art Segel lehnt in einer Nische.
Neben Fotos von Bergzügen aus dem Gebiet Landmannalaugar auf Island setzt Hasse hingegen schwarze Flächen, in denen unregelmäßige helle Formen platziert sind, die bei näherem Hinsehen wie graphische Verdichtungen oder Abstraktionen von Formen auf den Fotos wirken.
Die Bilder der Gebirgszüge bestechen durch ein ungewöhnliches Nebeneinander von Farben. Rötlich-braune Hänge treffen auf das Weiß von Schneefeldern oder moosiges Grün. Dass bei diesen Fotografien die gemalten Hinzufügungen wie Reduktionen wirken, ist nicht ohne Ironie. Wichtiger aber erscheint hier, dass sich wirklich ein Dialog zwischen zwei Positionen eröffnet, deren unterschiedlicher Zugang wichtiger ist als ihr Zusammenklang.