Villa Merländer Werner Heymanns Leben in Bildern
Krefeld · Illustrationen von Studierenden der Hochschule Niederrhein erinnern an den Holocaust-Überlebenden Werner Heymann. Der seine Lebenserinnerungen unter dem Titel „Mein himmelblaues Akkordeon“ hinterlassen hat.
Musik kann Leben retten. In den schrecklichsten Momenten gelang es, Gepeinigten und Verfolgten sich durch Musik Halt und Überlebenswillen zu geben. Jüdische Komponisten vermochten in ihrem Martyrium durch die nationalsozialistische Verfolgung etwas Hoffnung in der dunklen Zeit gewinnen – ja, die Kraft der Musik ist enorm. Aber Musik konnte auch ganz wortwörtlich Leben retten, wie die Geschichte des Krefelder Holocaustüberlebenden Werner Heymann bezeugt.
Seine Lebenserinnerungen sind durch das Buch „Mein himmelblaues Akkordeon“ überliefert, welches 2008 vom Förderverein Villa Merländer in Zusammenarbeit mit der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld herausgegeben wurde. Darin erfährt man, wie der seit seiner Jugend talentierte Akkordeonspieler, der 1923 in Krefeld als Sohn einer Metzgerfamlie geboren wurde, mithilfe seiner Musik im KZ überleben konnte. Werner Heymann wurde zuerst in das Konzentrationslager Theresienstadt und später nach Auschwitz deportiert. Seine Mutter wurde dort getötet. Als gelernter Schlosser kam Heymann vom KZ Auschwitz jedoch bald in ein Nebenlager bei Gleiwitz. Weil er Akkordeon spielen konnte, musste er nicht in den Arbeitsdienst, sondern spielte für die Wachmannschaften und half in der Küche – das Akkordeon rettet ihm also das Leben; ist auf der Webseite der Stadt Krefeld nachzulesen. Die WZ berichtete über das Buch und assoziierte Projekte.
Die Ausstellung eröffnet
am Dienstag um 18.30 Uhr
Inspiriert von seiner Lebensgeschichte haben Studierende der Hochschule Niederrhein (HSNR) im Fach Kommunikationsdesign sich zu einer Ausstellung mit Illustrationen inspirieren lassen, die am Dienstag, 30. Januar, um 18.30 Uhr in der Villa Merländer, Friedrich-Ebert-Straße 42, eröffnet wird. Dafür haben sich drei angehende Kommunikationsdesigner mit der Biographie Heymanns künstlerisch beschäftigt. Ihr Ziel: die junge Generation für die Thematik zu sensibilisieren. Die Studierende Jessica Bayerlein realisierte kraftvolle Linolschnitte, Jana Zaitz illustrierte assoziative Szenen auf Linol gemalt und Markus Gansel kreierte einen Animationsfilm – was die sehr gelungenen Arbeiten eint, ist die intensive und sensible Auseinandersetzung mit dem Schicksal Werner Heymanns.
„Wir leben in Zeiten, die auf bedrückende Weise deutlich machen, wie unverzichtbar eine Erinnerungskultur ist, die die Verbrechen nationalsozialistischer Herrschaft im Bewusstsein nachfolgender Generationen verankert“, erklärt Jochen Stücke. Der Professor für Zeichnen, Illustration und Künstlerische Druckgrafik am Fachbereich Design, hatte seinen Studierenden einen freien Kurs angeboten. Sie sollten die Heymann-Texte zu seiner Lebensgeschichte graphisch aufbereiten. Die Herausforderung: Eine Bildsprache entwickeln, die didaktisch zur Rezeptionsfähigkeit von Lesern und Betrachtern beiträgt. Er sprach einige Studierende an, ob sie sich vorstellen können, an dem Projekt teilzunehmen – schließlich brachten die oben genannten drei ihre Ideen in einen fertigen Zustand. Dies gedieh so weit, dass aus dem Projekt sogar jeweils Bachelorarbeiten erwuchsen.
Ganz unterschiedliche ästhetische Sprachen sprechen die drei Arbeiten. Jeweils mit ihrer eigenen illustrativen Herangehensweise vereinen die Studierenden emotionale und darstellende, assoziative Aspekte, um das Leben Heymanns spürbarer zu machen. Die Illustrationen wirken sehr eindrücklich. Ihnen gelingt, mit klug gewählten Mitteln, die sich den spezifischen Eigenheiten der jeweiligen Technik raffiniert bedienen, bei dem Betrachter sehr unmittelbare Wirkung zu erzeugen. Dies kann beispielsweise durchaus auch etwas plakativer sein, wie eine schattenhafte Figur vor dem „Arbeit-Macht-Frei“-Schriftzug von Auschwitz in blutroter Einfärbung – im Linolschnitt von Bayerlein. Oder subtiler, wie in einer winterlichen Fluchtszene im Wald, die Zaitz in spätromantischer Anmutung auf Linol malte. Eine Technik übrigens, die den Illustrationen eine sonderbar faszinierende Grundierung verleiht, sie dunkel „einfärbt“. Beides sehr kunstvoll.
Datum für die Präsentation
ist bewusst gewählt
Der 30. Januar sei für die Präsentation bewusst gewählt: An diesem Tag ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler. Der Maler Max Liebermann beobachtete den Fackelzug der SA durch das Brandenburger Tor von seiner Wohnung auf dem Pariser Platz. Von ihm stammte das legendäre Zitat: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“ – ist in einer Ankündigung der Hochschule Niederrhein nachzulesen.
Heymann und allen Opfern des Nationalsozialismus ist dieses Projekt gewidmet. Es ist in Kooperation mit der NS-Dokumentationsstelle und dem Verein Villa Merländer entstanden. Die Ausstellung ist bis 6. Februar (Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr) besuchbar.