Performance Zeitgenössischer Tanz kommt in das Café Ludwig

Krefeld · Reihe „Move! in town“ verbindet diesmal die Kunst der Kölner Compagnie Mira (um Julia Riera und Philip Mancarella) mit dem Mies-van-der-Rohe-Business-Park. Am 3. September geht es los.

Choreografin Julia Riera (links) von der Compagnie Mira und Dorothee Monderkamp, die stellvertretende Leiterin des Kulturbüros Krefeld, im Café Ludwig des Mies-van-der-Rohe-Business-Parks.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ein Tänzer oder eine Tänzerin, die inmitten heller Lichtdurchfluteter minimalistischer Architektur steht und von drei Mitstreitern innigst und immer wieder geküsst wird – dieses Bild, so reizvoll es auch sei, wird es wegen Corona im Café Ludwig in Krefeld nicht geben können.

Zu dem diesjährigen „Move! in Town“, dem urbanen, mit der Stadt in Dialog tretenden, Satelliten der zeitgenössischen Tanz-Reihe „Move“ wurde eine hier wohlbekannte Compagnie eingeladen. Mira, samt ihrer Gründerin, Choreografin und künstlerischen Leiterin, Julia Riera, im steten interdisziplinären Dialog mit dem Klangkünstler und Musik-Programmierer Philip Mancarella, wird die diesjährige Ausgabe realisieren. Doch wegen Corona gab es diesmal besondere Umstände; unter anderem jenen Umstand, dass die Idee von der Kuss-Szene, von der Riera uns bei einem Gespräch im Mies-van-der-Rohe-Business-Park erzählte, Abstandsregeln zum Opfer fallen muss.

„Mira 9“ – die Titel sind bei ihren Arbeiten wie Opuszahlen durchnummeriert – das den Zusatz „Was uns trennt und bindet“ trägt, ist übrigens als Idee noch vor Corona entstanden. Auch wenn gerade Trennen und Binden, Distanz und Nähe in heutigen Zeiten unter den aktuellen Bedingungen ein emphatisches Themenfeld für ästhetische, künstlerische Reflexion sein dürften. So oder so ist es ein Glücksfall, dass das Kulturbüro Krefeld sich dazu entschlossen hat, „Move! in town“ wegen Corona nicht abzusagen, sondern trotz widriger Umstände die Sache angepackt hat.

„Move! in town“ findet zum ersten Mal ganz im Innenraum statt

Wie man uns berichtet, musste sogar kurzfristig die Lokation gewechselt werden, weil die ursprünglich geplante sich als doch ungeeignet erwies. Fest habe schon vor Corona gestanden, dass die siebte Ausgabe von „Move! in town“ diesmal nicht vornehmlich unter freiem Himmel, sondern sich in einem Gebäude abspielen wird. Dass man an diesem Plan, trotz der örtlichen Umplanungen, die schließlich das von Mies van der Rohe entworfene Gebäude anvisierten, auch inmitten der Corona-Situation festhielt, dürfte zunächst überraschen. Immerhin gilt ja Freiluft als ungefährliche Alternative zu Räumen, wenn es darum geht, Ansteckungs-Risiken zu minimieren.

Doch die Macher argumentieren, durchaus nachvollziehbar, dass in einem geschlossenen Rahmen wie dem Café Ludwig Abstände, Nachverfolgbarkeit und somit der Schutz besser zu organisieren sei. Man achte auf alle dann gültigen Corona-Schutz-Regeln, mit fest zugewiesenen Sitzplätzen – bei „Move“ in town“ auch ein Novum. Die Räume würden gelüftet, Abstände zwischen Tänzern und Publikum würden den geltenden Regeln adäquat eingehalten (Stand 28. August: vier Meter). Auch zwischen den Tänzern gelten spezielle Abstandsregeln, anderthalb Meter bei weniger bewegungsintensiven Choreografie-Passagen, drei bei bewegungsintensiven Stellen, geben die Veranstalter vor. Alle Beteiligten würden sich die größten Mühe geben, sich selbst und das Publikum zu schützen. Im Café werden mehrere Bereiche mit Bestuhlung definiert sein, insgesamt 58 Besucher sind zugelassen. Beim Eintreten wird Maske getragen. Auf den Plätzen – Stand aktuell – könne die Maske abgenommen werden, erklärte man.

Die Performance, die die erste Produktion von Mira nach der Corona-Pause sein wird, wird zwar abendfüllend, aber eventuell mit 45 bis 50 Minuten zeitlich etwas kompakter ausfallen. Mira, wie bei dieser Reihe üblich, wird sich bewusst auch mit dem Ort, an dem die Performance stattfinden wird, auseinandersetzen. Räume bieten Impulse für die Künstler, diese hinterlassen mit ihrer Arbeit wieder ihren Stempel an den Räumen selbst. Und dies hier in jener besonderen Architektur. Das weckt Vorfreude. Auch, die Ankündigung, dass die Tänzer Kirill Berezovski, Mijin Kim, Mark Christoph Klee, Geraldine Rosteius, die an der Choreografie beteiligt sind, sowohl den Innenraum als auch das Außen, hinter den großen Fenstern des Baus, nutzen werden.

Zeitgenössischer Tanz kann überraschen, auch mal mit ungewohnten ästhetischen Konstellationen, muss deshalb eher erlebt als beschrieben werden. So auch in diesem Fall – Neugierde, eine Offenheit für in Bewegung, Geste und Klang gelegten Ausdruck, das ist, was das Publikum mitbringen sollte. Den Rest, wenn es gut gelingt, erledigt die Sogkraft der Performance. Wie bei den Produktionen von Mira zuvor, dürfen wir uns auf eine schöne Symbiose zwischen Klangkunst von Mancarella und Choreografie von Julia Riera freuen. Immer auch mit einer gewissen Ambiguität.

Diesmal im Fokus: Beziehungsnetzwerke, Fäden von Verbindungen zwischen Menschen, die nicht immer sichtbar, aber spürbar gemacht werden können. Dazu braucht es eigentlich keine körperliche Nähe. Oder doch? Zumindest eine mentale Verbindung, die sich ihren Weg durch die Räume auf Abstand bahnt, was trennt und zeitgleich verbindet.

Wer neugierig geworden ist, kann die Uraufführung im Café Ludwig am Donnerstag, 3. September, um 20 Uhr erleben. Die Arbeit wird im Anschluss am 4. und 6. September, jeweils um 20 Uhr, gezeigt und ist dann zeitnah auch im Kunsthaus Rhenania – immerhin stammt Mira aus der Domstadt – in Köln zu sehen. Dort allerdings mit etwas anderen Rahmenbedingungen als ortsspezifisch im Café Ludwig.