Das Wasser ist ihr Element
Einst jagten sie Weltrekorde. Heute genießen die Haverkamps das Familienleben.
Krefeld. Die Kenner wissen sofort Bescheid: Wiltrud Urselmann, das ist doch die Kleine aus Krefeld, die 1960 in Rom bei den Olympischen Spielen die Silbermedaille im Schwimmen geholt hat. Und es sind nicht nur die Älteren, die mit dem Namen etwas anfangen können. Wiltrud Urselmann wurde am 12. Mai 1942 in Krefeld geboren. 1955 wurde sie bei einem Schwimmfest der Krefelder Schulen entdeckt. Sie besuchte damals die Schule 19, heute bekannt als Regenbogenschule. Ihr großer Förderer war ihr Schwimmtrainer Julius Piel, der leider zu früh verstarb. Ihr Revier war Hollthausens Kull, wo sie ihren Freundinnen ein ums andere Mal davonschwamm. Sie alle nannten sie „Duxa“ — warum, wieso, weshalb, ist ihr heute noch ein Rätsel.
Sehr schnell stieß sie in die erste Reihe der Brustschwimmerinnen vor und verbesserte sich stetig. Welche Zeiten hätte sie wohl damals schon erzielt, wenn die Trainingsmöglichkeiten in Krefeld optimal gewesen wären? In Ermangelung einer 50 m-Bahn musste sie oft nach Wuppertal, Oberbruch oder Wesel ausweichen. Die 200-m-Brust schwamm sie von anfänglichen 3:18,0 später in 2:48,6 Minuten. Sie stellte mehrere Weltrekorde auf, und mit 2:50,0 wurde sie hinter der Britin Anita Lonsbrough Silbermedaillengewinnerin in Rom. 1957 war sie die jüngste Sportlerin des Jahres. Jedes Jahr wird sie noch zur Sportlerehrung nach Baden-Baden eingeladen. Jedes Mal gibt es ein tolles Wiedersehen mit den Sportskameraden.
Die folgenden Olympischen Spiele waren nicht so erfolgreich. In Tokio schied Urselmann bereits im Zwischenlauf aus. Doch jetzt erreichte sie eine Einladung der Internationalen Schwimmhalle des Ruhmes. Vom 13. bis 15. Juni treffen sich dort die Olympiateilnehmer von 1964 im amerikanischen Fort Lauderdale, um den 50. Jahrestag der Olympischen Spiele von Tokio zu feiern.
Dies ist aber nur eine von vielen Einladungen, die sie und ihr Mann im Laufe eines Jahres bekommen. Ihr Mann, das ist der 197-fache Wasserball-Nationalspieler Hermann Haverkamp (71), Olympiateilnehmer 1968 in Mexiko und 1972 in München, den sie 1962 bei den amerikanischen Schwimmwettkämpfen kennen- und lieben gelernt hat. Sie wurde dort amerikanische Meisterin, und ihr Mann gewann die Meisterschaft mit der Staffel. Er ist übrigens der einzige Wasserballer, der in einer Schwimmstaffel über 4 x 100 m Kraul-Weltrekord geschwommen ist. „Eine Silbermedaille habe ich nie gewonnen, dafür aber habe ich eine geheiratet“, sagt er scherzhaft. Seit 1966 sind beide glücklich verheiratet. Tochter Wibke (42) trat in deren Fußstapfen. Unter ihrem Vater als Trainer wurde sie mit den Damen des SV Bayer Deutsche Meisterin im Wasserball.
Der ganze Stolz der Familie sind die beiden Enkelkinder Umo (9) und Bego (4). Mit ihnen gehen die Haverkamps schwimmen, und auch sonst sind die beiden noch als Schwimmer aktiv. Zweimal die Woche ziehen sie in der Bayer-Traglufthalle ihre Bahnen und spulen auch mal gerne 2000 Meter herunter. Zu ihren weiteren Hobbys zählen Flohmarktbesuche und Gartenarbeit. Familie geht dem Paar über alles, und das merkt man, wenn sie von ihrer Tochter, dem Schwiegersohn und den Enkelkindern sprechen.