Ibrahimaj: „Es ist ein geiles Gefühl“

Der eingewechselte Stürmer schießt den KFC Uerdingen bei 1860 München mit dem Siegtor in der Nachspielzeit an Tabellenspitze.

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Die Atmosphäre auf der siebenstündigen Busfahrt aus München an den Niederrhein war aufgelockert, heiter. Es gab schließlich einen erfolgreichen Arbeitstag abzurunden. Erholung an Bord nach den Strapazen und kräftezehrenden 93 Minuten. Der KFC Uerdingen rollte als Tabellenführer der 3. Liga heim, mit einem 1:0-Auswärtssieg im Rücken, den die Mannschaft von Trainer Stefan Krämer im Stadion an der Grünwalder Straße in letzter Minute gefeiert hatte.

Es findet sich in den Regularien des Deutschen Fußball Bundes kein Paragraf und auch kein Unterpunkt dazu, dass Siegtreffer in der Nachspielzeit mit weniger Punkten zu werten sind als Siegtreffer in der dritten oder 45. Minute. Und es ist für den erklärten Gewinner des Spiels auch unwesentlich, ob der Gegner, wie am Sonntag 1860 München, zwei Lattentreffer als Leistungsnachweis vor immerhin 15 000 Zuschauern geboten hatte, die Krefelder nur derer null, ob Uerdingens Torwart René Vollath sich schon in der zweiten Minute dem wuchtigen Stürmer Adriano Grimaldi in den Weg werfen musste, sein Gegenüber Hendrik Bonmann aber eher einen ruhigen Nachmittag verlebte.

Das alles geht nicht in die Wertung dieses Spiels ein. Dafür sind Siege kurz vor Schluss mit die emotional schönsten, gerade dann, wenn man nicht unbedingt mit diesem Ausgang hätte rechnen können. Der Spielverlauf deutete eher auf eine Punkteteilung hin. „Wir waren in der zweiten Hälfte zu passiv, haben die Konter nicht mehr gut ausgespielt“, sagte Trainer Stefan Krämer. Die Besucher im altehrwürdigen Grünwalder-Stadion gingen von einem Remis aus. Dann aber schlug der KFC zu. Wieder in der Nachspielzeit, wieder war es ein Einwechselspieler — Ali Ibrahimaj schoss dem Münchner Verteidiger Felix Weber den Ball mit seinem eigentlich schwächeren linken Fuß durch die Beine ins kurze Eck.

Die Uerdinger sind in diesen Tagen die Spezialisten für späte Tore. Der Schütze strahlte noch vor Freude wenige Minuten später, als er sagte: „Es ist ein geiles Gefühl, vor 15 000 Menschen das Tor zu schießen. Wir kämpfen bis zum Schluss, dann wird man auch belohnt. Es gehört natürlich auch ein bisschen Glück dazu.“

Wie schon gegen Meppen, als Lucas Musculus kurz vor dem Abpfiff den Ball noch ins Netz schoss, zeigen die Krefelder eine Qualität, die man von ihnen in der abgelaufenen Saison gesehen hatte. Diese Mannschaft findet immer wieder einen Weg, ein enges Spiel für sich zu entscheiden, ob sie spielerisch überlegen ist oder nicht. Diese Siegermentalität, dieser Glaube, ist ein Merkmal dieses Teams. Stefan Krämer sagt: „Der Glaube, jedes Spiel gewinnen zu können, den haben wir in die 3. Liga gerettet.“ Diese Entwicklung hatte im Frühjahr begonnen. Mit der Amtsübernahme Stefan Krämers als Trainer im März war klar: will der KFC noch eine Chance auf den Aufstieg haben, muss er jedes Spiel wie ein Endspiel annehmen und gewinnen. Der 1:0-Erfolg war der 16. Sieg im 18. Spiel unter Krämer. Nur der Auftakt gegen Unterhaching ging verloren. „Es gehört natürlich auch immer ein Quäntchen Glück dazu“, sagt der KFC-Trainer, „aber es ist eben auch dieser feste Glaube, sich nicht verrückt machen zu lassen in der 80. Minute. Das macht mich zufrieden. So eine Mentalität braucht man eben in der Liga, wo Kleinigkeiten entscheiden.“ Es ist außerdem die Philosophie Krämers, nichts zu verwalten, sondern eher das Risiko zu suchen, das Maximum zu erreichen. Nun freut sich der KFC auf die zweiwöchige Ligapause. Mittwoch geht es im Niederrheinpokal zum SSV Berghausen. Dann will Krämer einigen Spielern eine Pause gönnen. Aber auch dann gilt: verlieren verboten.