Integration Rasensport: Punktlos glücklich
Krefeld · Trainer Hafiz Al-Fartwsi ist Zahnarzt in Krefeld. In seiner Freizeit integriert er unter anderem als Fußballtrainer zahlreiche Flüchtlinge.
In der Tabelle der Fußball-Kreisliga A fällt eine Mannschaft besonders auf. Es ist der VfR Krefeld, der als Aufsteiger in den bisherigen zehn Spielen „keine Bäume ausreißen“ konnte und im Kreis der 22 Teams punktlos am Tabellenende liegt. Auf den ersten Blick ist dies ein trostloses Bild, denn das wackere Team aus dem Kaiser-Wilhelm-Park kassierte mit 54 Treffern mit Abstand die meisten Gegentore.
Dennoch blasen der Vorstand und auch die Mannschaft kein Trübsal. Im Gegenteil, die Stimmung ist gut. Bereits im Mai wurden die Rasensportler einhundert Jahre alt. Die Mannschaft machte dem Vorstand zu diesem Jubiläum ein schönes Geschenk und schaffte nach jahrelanger Abstinenz endlich wieder den Sprung von der Fußball-Kreisliga B- in die A-Liga. Allerdings gab es am Ende der Saison eine starke personelle Fluktuation. Der Aufstiegstrainer Marcus Felix wechselte mit zahlreichen Spielern zum FC Hellas. Darüber war der Vorstand aber schon Monate vorher informiert worden. Zum Ausgleich wechselte die komplette Reserve des SC Viktoria Krefeld (bisher B-Liga) zu den Rasensportler und übernahm den Platz des Aufsteigers.
„Wir waren uns der Herkulesaufgabe mit einer komplett neuen Mannschaft, bewusst“, sagte VfR-Sprecher Helge Rother. Mit den Spielern vom SC Viktoria kam mit Hafiz Al-Fartwsi ein neuer Trainer zum Jubiläumsverein. Der im Irak geborene Krefelder Zahnarzt ist in der hiesigen Fußballszene bestens bekannt. Der 57-Jährige kam 2003 nach Krefeld und ist seither auch als Trainer in verschiedenen Vereinen tätig. Die Stationen sind zahlreich. So stand Hafiz Al-Fartwsi schon beim TSV Anadolu-Türkspor, 1. FC Krefeld, KfC Uerdingen, TSV Bockum und Preussen Krefeld auf der Trainerliste.
Hafiz Al-Fartwsi ist als Integrationstrainer bekannt, denn in seiner Mannschaft spielen zahlreiche Akteure, die als Flüchtlinge nach Krefeld gekommen sind. „Die Jungen wollen sich sportlich betätigen. Sie kommen zum Teil ohne Sportschuhe und Sportkleidung zu uns. Ich sorge dafür, dass sie ihr Sportzeug bekommen und bei uns mitspielen können“, sagt Al-Fartwsi. Acht bis zehn Nationalitäten sind in seiner Mannschaft aktiv.
Sprachliche Probleme kennt der Trainer nicht. Neben Deutsch und Englisch beherrscht Al-Fartwsi mit Arabisch ein wichtige Sprache, um sich mit zahlreichen Spielern zu verständigen. „Für mich ist wichtig, dass die Jungen nicht auf der Straße, sondern auf einem Sportplatz aktiv sind. Ich sehe es als große Chance an, hier in Krefeld auch eine buntgemischte Mannschaft verschiedener Nationalitäten zu präsentieren“, sagt Al-Fartwsi.
Der Vorstand freut sich über das große Engagement des Trainers. „Die Mannschaft kämpft jedes Spiel bis zur letzten Minute und auch das Sozialverhalten des Teams ist trotz der vielen Niederlagen sehr gut. Es ist uns wichtig, dass eine faire Mannschaft auf dem Platz steht“, sagt Rother. In den vergangenen Monaten hat der VfR Krefeld eine Vielzahl neuer Mitglieder gewonnen, so dass sich die Fußballabteilung nahezu verdoppelt hat. Möglicherweise kann der Verein im Winter erstmals seit Jahren wieder eine A-Jugend melden.
Und über den Klassenerhalt machen sich die Rasensportler derzeit noch keine Gedanken. Rother: „Seit Anfang November sind zahlreiche Akteure, die auch höherklassig gespielt haben, nach dem Ende der Wechselfrist erst spielberechtigt geworden.“