Schiedsrichter als Bastard beleidigt
Nach einem eher leichten Foul eskaliert der Streit. Mustafa El-Hoabbani greift den Spielleiter an.
Krefeld. Fair ist mehr als drei Punkte — das haben sich die Clubs des Fußball-Kreises Krefeld/Kempen auf die Fahne geschrieben. In Spruchkammersitzungen wegen Gewalt gegen Schiedsrichter ziehen sie sich offenbar nicht mehr durch falsche Loyalität gegenüber anderen Vereinen auf die Positionen „Nichts gesehen“ und „Nichts gehört“ zurück. So bezog zuletzt unter anderem der SV St. Tönis klar Stellung, indem er das Verhalten des gegnerischen Trainers und des beschuldigten Spielers exakt so wie vom Schiedsrichter geschildert sah. Thomas Kirches, Mitglied der Arbeitsgruppe „Keine Gewalt gegen Schiedsrichter“ des Kreises, sagt: „Dies hilft der Spruchkammer sehr, sich ein genaues Bild von den Geschehnissen auf den Plätzen zu machen. Hier scheint ein deutliches Umdenken bei den Vereinen in der Verantwortung für einen sauberen Umgang mit den Schiedsrichtern Einzug zu halten.“
Dennoch trübt ein neuer Fall das positivere Bild. Beim Kreisliga-B-Spiel Anadolu Türkspor gegen VfB Uerdingen II verletzte sich beim Stande von 1:0 für den Gast aus Uerdingen bei einem Angriff ein Spieler von Anadolu Türkspor bei einem, aus Sicht des Schiedsrichters, regelkonformen Zweikampf. Da der Angreifer so unglücklich fiel, dass ihm die Luft wegblieb, unterbrach der Schiedsrichter das Spiel, um eine schnelle Behandlung zu ermöglichen. Wie Kirches ausführt, habe während der Verletzungsunterbrechung Spieler Mustafa El-Hoabbani von Anadolu Türkspor den Schiedsrichter unter anderem lautstark als „doof“ bezeichnet, weil er gerne einen Freistoß bekommen hätte.
Als Reaktion auf die ihm wegen Beleidigung gezeigte Rote Karte habe der Spieler nicht nur das Verlassen des Spielfeldes verweigert, sondern sich stattdessen aggressiv vor dem Schiedsrichter aufgebaut und ihn mit den Worten „Du Bastard, ich f... dich, du Missgeburt“ an. Mehrere Mitspieler von Anadolu Türkspor und der Trainer hätten versucht, den ausrastenden Spieler vom Unparteiischen fernzuhalten. Dennoch sei es ihm gelungen, den Schiedsrichter zu schlagen. Da der fast noch den Kopf wegziehen konnte, blieb es bei einem „Streifschuss“ im Gesicht.
Auch danach sei der Übeltäter kaum von der eigenen Mannschaft zu beruhigen gewesen. Der Schiedsrichter brach das Spiel ab und wurde von Spielern und dem Trainer des VfB Uerdingen vorbildlich bis zur Kabine begleitet. Nach dem Spiel entschuldigten sich Trainer, Mitspieler und Vorstand von Anadolu Türkspor beim Schiedsrichter für das Verhalten des Übeltäters. Allerdings seien weder zur angesetzten noch zur zweiten Spruchkammersitzung ein Vertreter von Anadolu Türkspor oder der beschuldigte Spieler erschienen. Ein Urteil gab es trotzdem: zwei Jahre Sperre für den Spieler und rund 700 Euro Kosten für Anadolu Türkspor wegen wiederholten Nichterscheinens und dem verursachten Spielabbruch. Die Punkte gingen an den VfB Uerdingen. Weiter wurde gegen den Hauptbeschuldigten, El-Hoabbani, Anzeige wegen Körperverletzung erstattet, so dass ihn in Kürze Post von der Staatsanwaltschaft erreichen dürfte.
Auch in anderen Spielen sei es zum Leidwesen der Schiedsrichter hoch her gegangen. Ein Jugendspieler habe vor der Spruchkammer — nach längerem, hartnäckigem Leugnen — kleinlaut einräumen müssen, den Schiedsrichter mit den Worten „Du Hurensohn“ beleidigt zu haben. Zudem habe er nach dem Spiel von mehreren Mitspielern vom Schiedsrichter abgehalten werden müssen, obwohl er „doch nur eine Frage hatte“. Die Spruchkammer räumte dem Spieler durch das Urteil mehrere Monate Zeit ein, sein Verhalten zu überdenken.