Tierischer Muttertag Mama, ich hab dich zum Beißen gern

Krefeld. Mutterliebe tut manchmal auch weh. Wenn die lieben Kleinen sich austesten, kann das nicht nur nervig, sondern auch richtig schmerzhaft werden. Hauen, beißen, schlagen, kneifen, Trotzphasen bringen einiges hervor.

Jaguar-Mama Bess mit ihrem aktuellen Nachwuchs, der auch dann fürs Leben lernt, wenn er Mutti in die Flanke beißt.

Foto: Vera Gorissen

Was das angeht, unterscheidet sich die Welt des Homo sapiens nicht wesentlich von der Tierwelt.

Miliki mit ihrem Sohn Pepe beim Schmusen (l.) — die Liebkosungen und die langjährige Bindung bei Menschenaffen sind in der Tierwelt etwas Besonderes.

Foto: Magnus Neuhaus

Und so hat Jaguar-Mama Bess es derzeit auch nicht leicht. Die Raubkatzendame im Krefelder Zoo, die bereits zum dritten Mal Nachwuchs hat, hat sich in allen Fällen immer von Anfang an gut um ihre Jungs und Mädels gekümmert.

Das heißt bei ihr auch: sehr duldsam sein. Derzeit kommen ihre beiden Lieblinge ins Rabaukenalter. Sie testen ihre Kräfte, üben das Jagen. Und dann ist nicht nur die Schwanzspitze der ruhenden Mama, die sie — wie man es auch von Hauskatzen kennt — netterweise als Übungsobjekt für ihre Kinder hin und her bewegt, ein beliebtes Ziel.

Da wird die Großkatzen-Mama auch ganz ungehemmt in die Flanke gebissen. „Das sind Spiele, mit denen Bess ihren Kindern alles beibringt, was sie fürs Leben brauchen“, erzählt Zoo-Pressesprecherin Petra Schwinn. Die — noch — namenlosen Jaguarkinder erobern gerade das Freigehege, raufen, klettern und schwimmen. Letzteres ist Bess dann aber doch noch zu heikel. Lautstark rief sie die zwei Abenteurer vom Rand des Wassers aus zur Ordnung und wieder zurück an Land. Es gibt halt — da wäre sie wieder, die Parallele zum Menschen — die ruhigen, ganz entspannten Mütter. Und die nervösen, die jede Bewegung ihrer Kleinen beobachten und schnell angespannt wirken, wenn der Freiheitsdrang des Nachwuchses wächst. Es gibt diejenigen, die fast alles mit sich machen lassen, und die, die ihre Grenzen auch mal etwas lauter klar machen. Besonders interessant ist dabei das Verhalten der Menschenaffen. So lässt sich beispielsweise im Gorilla-Garten des Zoos sehr deutlich erkennen, wie charakterlich unterschiedlich Mütter wie Muna — Mutter von Tambo — und Miliki — Mutter des kleinen Pepe — sind. „Muna war immer eine gute Mutter, aber sie war auch immer sehr ängstlich. Sie hat Tambo viel länger getragen, bei sich behalten und vom Silberrücken ferngehalten“, berichtet Schwinn. Pepe durfte sich von Miliki aus viel schneller und weiter entfernen und Kontakt zu seinem Halbbruder Tambo aufnehmen.

Was Mutterliebe angeht, schwärmt Petra Schwinn auch heute noch von der Art, wie Schimpansin Lea ihr Baby Sungai betrachtete. „Die konnte gar nicht mehr weggucken, als könnte sie es nicht fassen“, erinnert sich die Zoo-Sprecherin an die Mutter-Kind-Beziehung vor zwölf Jahren. Aber die Bindung bei den Menschenaffen, die beispielsweise bei den Orang-Utans bis zu sechs Jahre sehr eng ist, und der Austausch von Zärtlichkeiten sei in der Tierwelt auch etwas ganz Besonderes.

Was das Thema Mutter- oder auch Elternschaft angeht, ist „der eigentliche Riesenunterschied zum Menschen, dass es eigentlich keine tiefgreifenden, dauerhaften Bindungen gibt“, sagt Schwinn. „Außer bei den Menschenaffen gibt es so etwas bei den wenigsten Tierarten. Denn dann kommt ja auch immer schon der nächste Nachwuchs, um den sie sich kümmern müssen.“ Das heiße allerdings nicht, betont Schwinn, dass es nicht auch so etwas wie Abschiedsschmerz gebe. Nashorn Nane, „die eine absolut in sich ruhende Mutter ohne jeden Stress ist“, rief zum Beispiel weiter nach ihren Kindern, wenn die in andere Zoos umgezogen waren.

„Allerdings nicht lang“, sagt Schwinn, die auch schon eine Kamelstute erlebt hat, die eine Nacht lang nach ihrem Jungtier rief, das im Alter von anderthalb Jahren in ein neues Zuhause gebracht worden war. Zu den entspanntesten Müttern im Zoo gehören wohl die Ziegen. „Die Geburten sind in der Regel relativ unproblematisch, gerade erst hat eine Ziege ihre Zwillinge bei vollem Besucherandrang bekommen“, erzählt Schwinn über das Gehege, in dem gerade mit elf Jungtieren eine regelrechte „Ziegenschwemme“ herrsche und noch weiter Zicklein erwartet würden.

Entspannt heißt im Fall der Ziegen auch, dass sie „nicht unbedingt die Fürsorglichsten sind“. Das ist aber auch nicht schlimm, denn „die Jungtiere können sich jederzeit an der Milchbar anderer Mütter bedienen“. Entspannt heißt aber auch, dass sie sich einiges von den Mini-Kraxlern gefallen lassen. „Die Kleinen turnen gerne auf den Rücken rum.“ Wenn’s Mutti reicht, steht sie halt einfach auf.

Und in einigen Tierfamilien gibt es selbstverständlich auch die Möglichkeit, wenn der Stress zu groß wird oder die Kraft schwindet, Papa einzubeziehen. Aufopferungsvoll helfen die Väter bei den winzigen Zwergseidenäffchen den nach Schwangerschaft und Geburt und durch das Stillen sehr angegriffenen Müttern beispielsweise beim Tragen.

Und bei den Straußenvögeln gibt es gleich ganz alleinerziehende Väter. Die Mütter teilen sich mit den Hähnen noch das Ausbrüten. Um die ausgeschlüpften Küken kümmern sich dann die Papas. Schwinn: „Gerne auch mit mehreren Vätern und mit einem ganzen Kindergarten um sich herum.“