Prozess Mann misshandelt und eingesperrt
Vor dem Schöffengericht wird gegen sechs Männer verhandelt. Zwei sollen einen Menschen mehrfach, alleine und gemeinsam misshandelt und eingesperrt haben.
Krefeld. Es war ein holpriger Start im Amtsgericht: Einer der Angeklagten, laut dem Vorsitzenden Richter Nils Radtke „eine bedeutende Person für das Verfahren“, kam nicht, und auch der Zeuge blieb dem Gerichtssaal fern. Weil die Verteidiger der übrigen fünf Angeklagten ankündigten, dass auch ihre Mandanten sich erst nach der Vernehmung des Zeugen äußern wollen, vertagte man sich auf den 28. Oktober.
Gegen den abwesenden Angeklagten wurde Haftbefehl erlassen, der Zeuge soll polizeilich vorgeführt werden. Polizisten hatten am Freitag noch spontan versucht, den fehlenden Angeklagten ausfindig zu machen, unter seiner Anschrift aber nicht mehr als den Namen auf dem Klingelschild gefunden. Erst Ende Oktober wird Staatsanwalt Thomas Pelka die umfangreiche Anklage verlesen.
Danach müssen sich Sa. und Si. vor Gericht verantworten, weil sie einen Menschen mehrfach, alleine und gemeinsam, misshandelt und eingesperrt haben. Die vier anderen Angeklagten sollen zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie dem Opfer nicht halfen — obwohl sie es gekonnt hätten.
Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass Sa., ein Pakistani, der in Krefeld als selbstständiger Kaufmann arbeitet, das spätere Opfer im Jahr 2003 nach Deutschland holte und für sich arbeiten ließ. Den Pass hatte er seinem Landmanns, der nur ihn kannte und kein Deutsch sprach, abgenommen. Das Opfer habe regelmäßig bis zu elf Stunden am Tag gearbeitet, sei nicht entlohnt worden und habe in einem Hinterzimmer des Ladens, dem Büro des Angeklagten Sa., übernachtet.
Ende September 2013 stellten Sa. und Si., der zum Prozessauftakt nicht erschien, den Mann zur Rede, weil er Geld gestohlen haben sollte, und traktierten ihn über mehrere Stunden, unter anderem mit einer Eisenstange. Blutend, und mit gebrochenem Unterarm, schafften die Angeklagten ihn in eine Wohnung, schlossen den Mann ein und kamen an drei aufeinanderfolgenden Abenden zurück, um ihn weiter mit Schlägen und Tritten zu misshandeln. Am 30. September gelang dem Opfer die Flucht, weil das Zimmer nicht mehr abgeschlossen war.
Er ging zu dem weiteren Angeklagten K., der jedoch Sa. und Si. verständigte, die ihr Opfer — laut Anklage — zurück in die Wohnung brachten. Ein erneuter Versuch, den Misshandlungen zu entkommen, gelang schließlich am 3. Oktober 2013. Diesmal wählte der Mann direkt den Weg zu einer naheliegenden Polizeidienststelle. Bei der ärztlichen Untersuchung, so die Anklage, seien eine Unterarmfraktur und ein großes Hämatom an der Ohrmuschel festgestellt worden.
Der Angeklagte Sa. hat sich bislang zu den Vorwürfen nicht geäußert. Sein Verteidiger kündigte am Freitag an, dass sein Mandant nach der Zeugenvernehmung möglicherweise reden werde.