Missbrauch: Stiefvater steht vor Gericht
43-Jähriger bestreitet, sich an zwei Jungen vergangen zu haben. Ohne Publikum werden heute die Kinder gehört.
Krefeld. Ein 43-Jähriger muss sich seit Mittwoch vor dem Landgericht wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs verantworten. Opfer sollen seine zwei Stiefkinder sein, heute acht und neun Jahre alt. Dass er handgreiflich geworden ist, leugnet der Angeklagte vor Gericht nicht, aber er habe die Jungen nicht sexuell missbraucht. „Ich kann nicht gestehen, was ich nicht getan habe.“ Weil es kein Geständnis gibt, werden die Kinder am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt werden. „Es gibt nichts Unangenehmeres“, sagt Verteidiger Jörg Hintzen, es sei aber unvermeidlich. Sein Mandant bleibe dabei, dass er unschuldig ist.
Der Beschuldigte war lange eine Art Freund der Familie, bevor er sich auf eine Beziehung mit der zweifachen Mutter einließ. Einige Wochen lebten alle unter einem Dach in Sehnde: Vater, Mutter, Schwiegermutter, die beiden Kinder und der neue Freund. Es war in dieser Übergangsphase, als das neue Paar und das ältere Kind nach einem Arztbesuch in die Wohnung zurückkehrten und den jüngeren Sohn wimmernd vorfanden, sagten der Angeklagte und seine damalige Partnerin am Mittwoch aus. „Wie eine Furie“ sei sie in das Kinderzimmer gestürmt, habe ihren Sohn im Hochbett, mit dem Gesicht zur Wand und teilweise unbekleidet vorgefunden, berichtet die junge Frau. Der leibliche Vater habe im Zimmer gestanden und gerade seine Hose geschlossen.
Angezeigt hat sie ihren Ex-Partner damals nicht, weder ihm noch ihrem Kind Fragen gestellt: Sie sei sich schließlich nicht sicher gewesen, dass der Vater das Kind missbraucht habe. Genau diesem Vorwurf muss sich jetzt ihr damaliger Freund und späterer Ehemann stellen.
Kurz nach weiteren Vorfällen zog das neue Paar mit den Kindern an den Niederrhein — weit weg von dem Vater, der den Kindern nach Aussage der Mutter Angst gemacht hatte. In Krefeld sei es allen besser gegangen, sagt der 43-Jährige. Das war nicht von Dauer.
Der Angeklagte und seine Ex-Frau schilderten am Mittwoch übereinstimmend, dass das Zusammenleben mit den Kindern 24 Stunden am Tag gerade für ihn nicht einfach gewesen sei. Der Beschuldigte gibt eine Ohrfeige zu, einen Klaps auf den Po, und dass er den jüngeren Stiefsohn eiskalt abgeduscht habe, nachdem der sich eingenässt hatte. „Ich sehe ein, dass das ein Fehler war, aber ich dachte, er wollte mich ärgern.“ Er habe jedoch weder den Kopf des Kindes in der Badewanne unter Wasser gedrückt noch es heftig in den Bauch geboxt oder geschlagen, wie es die Anklage sagt. Nie sei es darum gegangen, den Jungen Schmerzen zuzufügen. Er sei hilflos gewesen.
Sie könne sich nicht vorstellen, dass ihr Ex-Mann die Kinder missbraucht habe, sagt die Zeugin. Sie habe bei niemandem irgendein Anzeichen dafür bemerkt.
Die Anzeige einer Therapeutin hatte den Fall juristisch ins Rollen gebracht. Ihr gegenüber hatte der Junge geäußert, dass der Vater „seinen Pippimann in seinen Popo gesteckt“ habe. Dass es sich in diesem Fall bei dem „Papa“ nicht um den — jetzt angeklagten — Stiefvater, sondern um den leiblichen Vater und die Situation in Sehnde handeln könnte, hält der Verteidiger zumindest für prüfenswert. Ein sachverständiger Zeuge sagte am Mittwoch allerdings aus, dass er eine Personenverwechslung ausschließe. Der Junge habe eindeutig den Stiefvater bezichtigt.