Missbrauchsprozess: „Onkel Walter“ half gern beim Abtrocknen
Im Missbrauchsprozess gegen einen 54-Jährigen sagt dessen Pflegesohn aus: Er will nie etwas von Übergriffen bemerkt haben.
Krefeld. Im Internet war Walter E. unter dem Namen „Keiner kennt mich wirklich“ unterwegs. Bereits vor 20 Jahren ist der Krefelder zum ersten Mal wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern bestraft worden. Sein Bekanntenkreis wusste offenbar nichts von der Vergangenheit des 54-Jährigen: Eine Familie aus Grevenbroich vertraute ihm vor rund zehn Jahren zwei minderjährige Kinder als „Pflegekinder“ an. Auch die Mutter seines Patensohnes aus Duisburg hatte sich nichts dabei gedacht, als sie den Achtjährigen im Sommer 2009 immer wieder die Wochenenden bei „Onkel Walter“ in Krefeld verbringen ließ.
Mit den Folgen hat sich nun das Krefelder Landgericht zu befassen. Der Staatsanwalt wirft Walter E. vor, sich im Jahr 2009 über Monate hinweg an seinem Patenkind vergangen zu haben. Außerdem war bei einer Hausdurchsuchung kinderpornografisches Material bei dem Mann sichergestellt worden. Schon am ersten Prozesstag hatte er sich voll geständig gezeigt, aber gleichzeitig betont, das Kind sei gerne zu ihm gekommen. Dies wollte die Richterin genauer wissen und hatte den 18-jährigen Pflegesohn von Walter E. für den zweiten Prozesstag geladen.
Der gab an, dass er fast wie ein großer Bruder für den Achtjährigen gewesen sei, man habe immer viel gespielt und Zeit miteinander verbracht. Obwohl die Richterin dem 18-Jährigen vorhielt, dass Walter E. den Missbrauch zugegeben hatte, bestand er darauf, dass er dies nicht glauben könne. „Mir hat er auch nie etwas getan“, sagte der Schüler. „Und ich habe auch nie bemerkt, dass er was mit dem Kleinen gemacht hätte.“ Er wisse nur, dass „Onkel Walter“ nach dem Duschen immer gerne beim Abtrocknen geholfen hätte.
„Ich denke, dass wir in der nächsten Woche das Urteil sprechen können“, sagte die Richterin. Und auch, dass man sich über eine Sicherungsverwahrung nach der Haft unterhalten müsse.