PERSPEKTIVWECHSEL Virtuelle Welt macht Krefelder Architektur erlebbar

Krefeld · Hochschule und Stadtmarketing laden im Projekt „Gelebte Wohnungen“ in eine Besichtigung der etwas anderen Art ein.

Das Stadtmarketing-Team um Chef Ulrich Cloos sorgt in dem Projekt mit der Hochschule für ein anderes Erleben von Architektur durch virtuelle Welten. Archivfoto: abi

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Man steht in möblierten Räumen, um sich herum Schränke, Bücher, Teppiche und helle Wände. Im Kamin flackert ein Feuer. Durch große Scheiben wirft man einen Blick in den grünen Garten. Doch niemand ist zuhause. Fremde Orte erleben, ohne wirklich dort gewesen zu sein. Das ist die Kunst, mit der sich das Stadtmarketing Krefeld und Studierende der Hochschule Niederrhein ein Jahr lang befasst haben: eine virtuelle Welt oder im Fachjargon Virtual Reality.

In diesem Fall sind es fünf Krefelder Wohnungen, die aus der Realität in eine künstliche Ansicht übersetzt werden und somit für jeden Interessierten einsehbar sind – alles natürlich auf freiwilliger Basis der Besitzer. Die Orte wurden anonymisiert. „Wir sind nah am Menschen dran“, sagt Uli Cloos vom Stadtmarketing. Das Gemeinschaftsprojekt trägt den Namen „Gelebte Wohnungen“ und wird in diesem Jahr an mehreren Tagen und Stellen in Krefeld zu sehen sein.

Die Stadt hat das Jahr 2019 unter dem Stichwort Perspektivwechsel mit der Überschrift „Baukultur Krefeld“ versehen. Es soll einen Blick hinter die Fassaden der „Bauhausstadt Krefeld“ werfen. Ob Häuser mit erkennbaren Wurzeln der Architektur der weltbekannten Kunstschule oder ausgetüftelte Studierendenzimmer, ein ausgebautes Dachgeschoss, ein Neubau – alles soll mithilfe der Virtual-Reality-Brille erlebbar werden, wie die Studierenden am Mittwoch in ihren Räumen an der Reinarzstraße demonstrierten. Es soll einladen, Architektur als Rahmen für das Miteinander in der Stadt zu verstehen.

15 Studenten der Elektrotechnik und Informatik waren an dem Projekt über ein Jahr beteiligt, auch neben den Vorlesungen und Seminaren brachten sie viel ihrer Zeit ein. Für den Fachbereich der Hochschule ist es auch ein Versuch, das Klischee des sozial isolierten Computer-Menschen abzulegen, der Tag und Nacht vor seinem Bildschirm klebt. „Die Hochschule ist für das Stadtmarketing enorm wichtig“, sagt Uli Cloos: „Krefelder und Studierende sind zusammengekommen und haben zusammen gearbeitet.“

Anwendbare Technik und
nicht für die Schublade

Angefangen hatte alles mit einem virtuellen Modell der Hochschule, auch die Büroräume des Stadtmarketings an der Lewerentzstraße wurden künstlich erlebbar gemacht. Das war die Nagelprobe für das Projekt. Die Wohnungen wurden mit 360-Grad-Kameras gefilmt und später am Computer ins Bild für die virtuelle Welt gesetzt. An manchen Punkten kann man auch ein Originalbild des Ortes sehen. „Wir wollten eine Technik entwickeln, die anwendbar ist und nicht für die Schublade“, sagt Dekan Thomas Meuser: „Der Trend geht weg von der reinen akademischen Lehre und hin zu: Wir machen wieder etwas.“

Mehrere Disziplinen galt es zu vereinen. Architektur, Kunst und Elektrotechnik. Informatiker mussten sich in ganz neue Themenbereiche einarbeiten. Projektleiter Mark Hloch: „Es ging für die Studierenden darum, sich mit Problemen auseinanderzusetzen und Lösungen zu finden. Auch den Mut zum Risiko zu haben.“ Die Studenten stehen nun bald vor dem Abschluss. Dieses Projekt sollte sie noch einmal umfassend fordern.