Sind die Grünen nicht größtenteils gegen die Wildtierhaltung in Zoos?
Krefelder Zoo „Mehr Geld für Investitionen im Zoo statt warmer Worte“
Interview | Krefeld · Grünen-Fraktionschefin Heidi Matthias ist neue Aufsichtsratsvorsitzende der Zoo gGmbH. Im Interview spricht sie über die Notwendigkeit und die Aufgaben des Zoos und wirbt für mehr Unterstützung seitens der Stadt.
Monatelange Schließung wegen der Corona-Pandemie, der Verlust des Affenhauses und der dort ums Leben gekommenen Tiere sowie Pläne für ein neues Artenschutzzentrum Affenpark und die Weiterentwicklung des Krefelder Zoos, andererseits fehlende Einnahmen, steigende Löhne und Betriebskosten bei gleichbleibendem Zuschuss seitens der Stadt. Über einen Mangel an Themen kann sich der neue Aufsichtsrat nicht beschweren. Neu an seiner Spitze ist die Grünen-Fraktionschefin Heidi Matthias. Wir sprachen mit ihr über ihre Aufgaben, Herausforderungen und ihre Position zum Zoo.
Heidi Matthias: Es hat sich im Zoo sehr viel verändert in den vergangen Jahrzehnten. Als ich vor 15 Jahren in den Aufsichtsrat kam, gab es viele kritische Stimmen bei den Grünen gegenüber der Zootierhaltung. Ich habe den Austausch zwischen den Grünen und der Zooleitung forciert; alle zwei, drei Jahre sind wir gemeinsam in den Krefelder Zoo gegangen, um die Akzeptanz für die Zootierhaltung zu festigen und uns ein eigenes Bild zu machen.
Sollten die Wildtiere nicht lieber in ihrer natürlichen Umgebung leben können?
Matthias: Ja, grundsätzlich schon. Aber tatsächlich sind überall auf der Welt ihre Lebensräume bedroht, Regenwälder werden abgeholzt und brandgerodet, die Tiere werden gejagt, verkauft, getötet, der Mensch nimmt ihnen immer mehr natürlichen Lebensraum weg. Auch der Klimawandel zerstört inzwischen zunehmend ihre Lebensräume. Weshalb die Artenvielfalt schwindet und auch Zoonosen (Anmerk.: wenn Krankheitserreger von Tieren auf Menschen überspringen) immer häufiger auftreten. Deshalb ist es unglaublich wichtig, dass Zoos existieren.
Das müssen Sie erklären.
Matthias: Um Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Das Europäische Zuchtprogramm sorgt dafür, dass im Hinblick auf den Erhalt der genetischen Vielfalt gefährdete Tierarten erhalten bleiben. Gleichzeitig können Zoos Kinder, aber auch Erwachsene dafür sensibilisieren, dass der Mensch die Verantwortung für Natur und Tiere hat und dass es sie zu schützen gilt; in freier Wildbahn wie auch im Zoo.
Was ist Ihre Aufgabe als Vorsitzende und die des ganzen Aufsichtsrats?
Matthias: Wir verfolgen einvernehmlich das Ziel, die Geschäftsführung mit Wolfgang Dreßen an der Spitze zu unterstützen, wo es geht, die Wirtschaftspläne zu prüfen und richtungsweisende Entscheidungen für die Entwicklung des Zoos zu treffen. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass die Tierhaltung immer artgerechter und naturnaher wird und sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Das sind einerseits Fachleute auf ihrem Gebiet, andererseits müssen sie körperlich harte Arbeit leisten. Da stoßen wir derzeit an Grenzen.
An welche Grenzen?
Matthias: Wir brauchen unbedingt einen höheren Betriebskostenzuschuss. Wir haben bei derzeit 82 Mitarbeitern eine Unterdeckung von zweieinhalb Tierpflegerstellen, das geht auf die Knochen der Mitarbeiter. Es muss von Seiten der Stadt eine jährliche Anpassung des Zuschusses geben, schließlich steigen alle zwei Jahre auch die Tariflöhne, ohne dass das aufgefangen wird. Der Zoo erwirtschaftet als gemeinnützige GmbH schon sehr viel: die Hälfte der Betriebsausgaben; aber im Vergleich zu anderen Zoo-Städten kriegt er nur einen Bruchteil. Das will ich zum Thema in den kommenden städtischen Haushaltsberatungen machen.
Der Zoo Krefeld wird mit seiner halben Million Zuschauer im Jahr gerne als Leuchtturm bezeichnet. Handelt die Stadt dementsprechend?
Matthias: Nein. Die Stadt hat die Verpflichtung, neben einem höheren Betriebskostenzuschuss auch jedes Jahr dem Zoo Gelder für die notwendigen Investitionen zu geben. Die Bürger und die Zoofreunde sind toll und unterstützen ihren Zoo tatkräftig. Die Stadt hingegen schießt viele Millionen Euro in die Sanierung der Grotenburg, in einer Höhe, die der Zoo niemals in der Form bekommen hat, auch nicht zur Privatisierung. Statt warmer Worte nach der Brandkatastrophe, man wolle dem Zoo helfen, muss sich die Stadt jetzt klar zum Zoo bekennen und ihm helfen, das neue Artenschutzzentrum Affenpark zu bauen und alte Gehege wie das Seelöwen-Becken oder das Kamel-Areal zu sanieren.