Ein Porträt Aug in Aug mit Jaguar und Nashörnern
Vor allem die späten Nachmittags- und frühen Abendstunden mag Hella Hallmann im Zoo besonders. „Mittags hat man Schlagschatten und hartes Licht, in den späteren Stunden wird das Licht weicher“, sagt die leidenschaftliche Fotografin.
Sie gehört zu dem kleinen Kreis der ehrenamtlichen Zoo-Fotografen, die Aug in Aug mit den Tieren deren Leben dort in Tausenden von Bildern jedes Jahr festhalten. So wie das von Porgy, dem Jaguar, der in seinem Gehege lasziv in die sinkende Sonne schaut. Einen Augenblick, den Hella Hallmann festgehalten hat, wie so viele andere Augenblicke
Normalerweise ist sie mit ihrer Nikon-Kamera mit 300er-Objektiv (2,8 Brennweite) im Zoo unterwegs. An diesem Nachmittag nicht. „Ich bin vor vier Monaten heftig gestürzt und habe im linken Arm einen Sehnenabriss und einen Sehnenanriss“, erzählt sie beim Spaziergang durch den wegen des Lockdowns geschlossenen Zoo. Fünf Kilo wiegt ihre komplette Kamera, die sie nur Freihand nutzt, niemals mit Stativ und Blitzlicht. Da sind Kraft, aber vor allem eine ruhige Hand gefragt.
Lieber hinter der Kamera
als selber als Motiv davor
Derzeit kann sie die große Kamera nicht halten. Für das Foto zu ihrem Porträt besorgt der WZ-Fotograf flugs eine Kamera aus dem Zoodirektor-Büro. „Eine Fotografin braucht auf dem Foto doch eine Kamera“, lautet der lapidare Kommentar von Andreas Bischof. Hella Hallmann würde am liebsten „rennen gehen“. Sie fotografiert lieber als dass sie selber vor der Linse steht. Nane und Usoni hingegen, die beiden Spitzmaulnashörner auf der Afrika Savanne, kommen neugierig näher. Schließlich kennen sie Hella Hallmann, wie so viele Tiere im Zoo, die ihre Hälse in ihre Richtung recken, wenn sie näher kommt. Beispielsweise der wunderschöne Pfauen-Mann, der hofft, von ihr etwas zu essen zu bekommen. „Derzeit, wo keine Besucher in den Zoo dürfen, sucht er die Nähe von vertrauten Personen, und auch die Pfleger haben meist eine Kleinigkeit für ihn dabei“, erzählt Hanna Hallmann.
Den Spaß am Fotografieren
hat sie vom Vater geerbt
Sie fotografiert seit Jahren für den Zookalender, die Internetseite des Zoos ebenso wie für ihre Online-Plattform und für ihr eigenes Zooarvchiv. Einige Ausstellungen mit ihren Bildern hat es schon gegeben, unter anderem im Zoo. Doch auch Zooliebhaber und andere Zoos wollen immer mal wieder Fotografien von ihr haben. „Vor allem großformatige“, erzählt die Autodidaktin. So hängt beispielsweise im Rostocker Zoo ein Riesenbild von „Summer“, einem Baum-Känguru, das vom Krefelder Zoo dorthin vor Jahren umgesiedelt wurde.
Dass ihre großformatigen Bilder so gestochen scharf und farbbrillant sind, liegt daran, dass sie im RAW-Format fotografiert. RAW ist das Rohdatenformat. Sie konvertiert es später ins TIFF-Format, „zum Scharfstellen, Verkleinern oder Vergrößern“, so Hella Hallmann, und nutzt dazu eine sehr alte Version von Adobe Photosphop Profi. „Deshalb brauche ich auch immer noch mein altes Windows-Programm Vista zur Bildbearbeitung, das heutzutage gar nicht mehr auf den moderneren Computern läuft.“
Das Fotografieren hat sie nicht gelernt. Dafür aber einen Vater gehabt, der selber sehr gut fotografiert und sie als Kind auch sehr viel in die verschiedenen Zoos der Umgebung mitgenommen habe. Er war anscheinend ein guter Lehrer. Alles, was sie heute über Kameras und das Fotografieren weiß, hat sie sich im Laufe der Jahre selbst beigebracht. Sogar eine Dunkelkammer für Schwarz-Weiß-Aufnahmen hat sie lange gehabt.
Beruflich war sie im Hotel- und Gaststättenbetrieb eingespannt. 1998 ist sie dann endgültig nach Krefeld gezogen und seitdem immer im Zoo. „Was macht man, wenn man die Natur liebt und mitten in der Stadt wohnt? In den Zoo gehen!“, sagt die heute 66-Jährige. Bis zum vergangenen Juni hat sie im Zoo sogar offiziell gearbeitet und den Zoo-Shop betreut. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie – ebenso wie die anderen „festen freien Zoo-Fotografen“ – auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten Zugang zu den Gehegen und den Tieren hat.
Ein sogenanntes Lieblingstier hat Hella Hallmann nach eigenen Worten nicht. Jedes Tier habe etwas Eigenes, Besonderes, auch wenn es nicht als schön erscheine. Während Fremde beim Rundgang meist geradeaus oder direkt in die Gehege schauen, geht ihr Blick an diesem Nachmittag ebenso rundum und auch auf den Boden. Sie entdeckt dort einen langen Regenwurm auf dem Weg. Bevor der von einem der oft mit dem Rad fahrenden Tierpfleger zerquetscht wird, hebt sie ihn vorsichtig hoch und setzt ihn zur Seite ins Gebüsch.
Als ein paar Sekunden später, ganz in der Nähe des Grotenburgschlösschens, die Sonne durch die grauen Wolken bricht und die Flamingos mit ihrem derzeit kräftigen Rosa-Rot erstrahlen lässt, bedauert sie, nicht ihre Kamera dabei zu haben. Das sind so Momente, die sie im Zoo liebt.