Neujahrsempfang: Die Vertrauenskrise als Wendepunkt
Generalvikar Manfred von Holtum spricht über neue Wege der katholischen Kirche in die Zukunft.
Krefeld. „Eine Vertrauenskrise kann wie jede Krise ein Wendepunkt sein, zu einem Glauben, der den Menschen Orientierung und Halt gibt“, sagt Generalvikar Manfred von Holtum beim Neujahrsempfang der Region Krefeld-Meerbusch. Die Missbrauchsfälle in 2010 hätten der Kirche Misskredit gebracht, die Glaubwürdigkeit der Kirche habe Schaden genommen. Eine wirksame Prävention sei Aufgabe der nächsten Zeit. Der in Krefeld geborene Theologe sprach über das Thema: „Kirche wohin?“ — Anstöße zum Weg der Kirche im Bistum Aachen.
Der Kirchenbesuch sei stetig zurückgegangen und liege knapp unter zehn Prozent, erklärt von Holtum. „Die Menschen haben vergessen, dass sie Gott vergessen haben.“ Die Frage lautet: „Ist Glaube noch zeitgemäß? Wie geht es mit der katholischen Kirche weiter, mit Priestertum und Zölibat? Hat die Kirche in der Gesellschaft noch eine Chance?“
Es sei eine Tatsache, dass weder Liberale noch Traditionalisten den Glaubensschwund aufhalten können. „Der regelmäßige Besuch der Kirche heißt bei vielen: einmal im Monat. Doch der Gottesdienstbesuch ist nicht allein Zeichen für Glauben. Über 60 Prozent der befragten Katholiken bezeichnen sich als kirchlich, kirchennah oder sehr kirchennah. Dass der Glaube verschwindet, kann so nicht gehalten werden.“
In der katholischen Kirche sind die Rufe nach Reformen lauter geworden. Neun prominente Christdemokraten haben die katholische Kirche zu einem Abschied vom Zölibat aufgerufen. In einem Brief fordern sie die deutschen Bischöfe auf, sich vor allem aber beim Papst dafür einzusetzen, das Priesteramt für Verheiratete zu öffnen. 144 Theologen haben ein Memorandum verfasst und mahnen dringende Reformen an. Von Holtum gibt einige Impulse, „ohne Anspruch auf Vollständigkeit“. So müsse die Bischofskonferenz mehr Entscheidungskompetenzen erhalten; unter Beteiligung und Beratung des ganzen Volk Gottes. Es müsse eine neue Sprache in der Predigt geben. Es müsse versucht werden, mit allen Menschen ins Gespräch zu kommen, für eine hörende Kirche.